Bochum. Seit 2017 ist der Eisenbahnzulieferer BVV ein chinesisches Unternehmen. Das Coronavirus hat mittlerweile Auswirkungen auf den Standort Bochum.
China ist seit drei Jahren allgegenwärtig bei der Bochumer Verein Verkehrstechnik GmbH (BVV). 2017 wurde das fast 180 Jahre alte Unternehmen vom chinesischen Konzern Full Hill Enterprises übernommen. Seit dem Bekanntwerden des Coronavirus vergeht kein Tag, an dem in Bochum nicht die Auswirkungen der Epidemie zu spüren sind.
Sieben Mitarbeiter seiner Belegschaft sieht BVV-Chef Karlheinz Springer vorerst nicht. Vier von ihnen sind noch in China. Für drei weitere, die bereits zurück in Deutschland sind, gelten besondere Vorsichtsmaßnahmen. Nach ihrer Rückkehr aus China sollen sie auf Geheiß des Unternehmens vier Wochen lang zu Hause bleiben. „Sie werden bei ihrer Ankunft und auch während der Zeit zu Hause untersucht“, so Springer. Erkrankt sei bislang keiner von ihnen. Dennoch gehe sein Haus auf Nummer sicher und lasse die Beschäftigten doppelt so lange zu Hause wie es die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt.
China ist ein wichtiger Absatzmarkt
Es gebe telefonischen Kontakt mit den Mitarbeitern. Und da sich jeder von ihnen ins PC-Netz des Unternehmens einwählen könne, gehe die Arbeit fast reibungslos weiter. Facharbeiter seien von der Vorsichtsmaßnahme nicht betroffen. Beschäftigte aus der Produktion reisen in der Regel nicht nach China, wo einheimische Vertriebs-, Service- und Kaufleute für BVV arbeiten. Springer: „Wir habe eine eigene Mannschaft vor Ort.“ Aber auch aus der Entwicklung und dem Vertrieb werde derzeit niemand nach China geschickt. https://www.waz.de/staedte/bochum/bochum-so-bereitet-sich-die-stadt-auf-das-corona-virus-vor-id228278831.html
100.000 Radreifen jedes Jahr
Zum Verkauf der Bochumer Verein Verkehrstechnik (BVV) kam es 2017, weil sich das Unternehmen einen bessere Zugang zum chinesischen Markt erhofft hat.
An der Gussstahlstraße in unmittelbarer Nähe zur Bochumer Innenstadt verlassen jedes Jahr etwa 100.000 Radreifen das Werk.
Noch sei die Produktion nicht vom Ausbruch der Epidemie betroffen, da Aufträge für Abnehmer in anderen Ländern vorgezogen werden können. Aber da der chinesische Markt ein wichtiger Abnehmer für die BVV-Produkte ist, in erster Linie geht es dabei um Radsätze für Hochgeschwindigkeitszüge, sind Folgen zu befürchten. Zwischen 15 und 30 Prozent des Umsatzes machen die Bochumer in China. Nach dem Verkauf des Unternehmens ist der Absatz nach Fernost deutlich gestiegen.
Nun beschäftigt Karlheinz Springer die Frage, ob und wann es wieder neue Aufträge gibt. Und vor allem: Wann die produzierten Radsätze nach Shanghai oder Dalian verschifft werden können. Nur schleppend kommen die dafür vorgesehenen Container zurück nach Bochum. Die Lieferungen dorthin stocken.
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Container kommen nur schleppend zurück
Denn: „Das Coronavirus hat tiefgreifende Folgen für die gesamte chinesische Wirtschaft“, so Projektleiter Mario Lucas vom neuen China-Kompetenzzentrum Ruhr in Herne, das den Kontakt zwischen der zweitgrößten Wirtschaft der Welt und den Städten im Mittleren Ruhrgebiet – Bochum, Herne, Hattingen und Witten – fördern soll. Nachdem der chinesische Staat die zweiwöchigen landesweiten Ferien zum Neujahrsfest wegen des Coronavirus verlängert habe und viele Betriebe geschlossen blieben, seien große Teile der Beschäftigten noch nicht zurück an ihren Arbeitsplätzen.
Kelvion übernimmt Produktion für chinesisches Werk
Lucas: „Von den zehn Millionen Chinesen, die Peking zum Neujahrsfest verlassen haben und die in ihre Heimatregionen gefahren sind, sind erst zwei Millionen zurückgekehrt.“ Viele sorgten sich um ihre gesundheitliche Sicherheit in den Großstädten. Und: „Sie brauchen bei der Rückkehr die Einverständniserklärung ihres Vermieters und müssen sich verpflichten, erst einmal zwei Wochen in ihren Wohnungen zu bleiben.“
Die zwangsweise verlängerten Ferien bekommt auch ein anderes Bochumer Unternehmen zu spüren: Kelvion. Der Hersteller von Wärmetauschern schickt dieser Tage eine Lieferung von seinem Produktionsstandort Herne nach Wuhu. Die Vorproduktion solle helfen, damit der Kelvion-Betrieb dort wieder möglichst schnell und reibungslos anlaufen könne, so Geschäftsführer Matthias Klein-Lassek. „Kein Problem“, so der örtliche Kelvion-Chef. Die hiesige Mannschaft habe den „Hilfsauftrag“ problemlos erledigen können.