Bochum-Weitmar. Die Stadt Bochum will das Areal mit der früheren Rettungswache an der Wasserstraße verkaufen. Für eine Initiative ist dies der falschen Weg.

Die Nachfrage ist groß. 19 Interessenten haben sich bei der Stadt Bochum gemeldet, um für das Grundstück an der Wasserstraße 444 in Weitmar zu bieten. Dieses will die Stadt verkaufen. Sehr zum Ärger des Netzwerks „Stadt für Alle“, das die Vorgehensweise kritisiert.

Während in vielen Städten und Gemeinden ein Umdenken im Umgang mit öffentlichem Grundeigentum stattfinde, soll in Weitmar die ehemalige und schon lange leerstehende Rettungswache an der Wasserstraße 444 samt Bauland an einen „Investor“ verkauft werden, heißt es in einer Stellungnahme der Initiative. Das ausgeschriebene Interessenbekundungs-Verfahren betone zwar die sozialen Aspekte des Gebots- und Auswahlverfahrens, doch fehle „nach einem Verkauf die langfristige und gemeinwohlorientierte Nutzungsverbindlichkeit, die das Gemeinwesen Stadt als Eigentümer dauerhaft ausüben könnte“.

Netzwerk regt andere Strategie für das Grundstück an der Wasserstraße in Bochum-Weitmar an

Dieses Gelände mit der ehemaligen Rettungswache an der Wasserstaße 444 in Bochum-Weitmar soll bebaut werden.
Dieses Gelände mit der ehemaligen Rettungswache an der Wasserstaße 444 in Bochum-Weitmar soll bebaut werden. © Aline Rinke

Das Netzwerk „Stadt für Alle“ regt anstelle eines Verkaufs die Übergabe des Grundstücks in Form von Erbbaurecht in die Hände eines gemeinwohlorientierten Projektträgers an und fordert die Vergabe in einem transparenten Auswahl- und Vergabeverfahren. Man erinnert in diesem Zusammenhang an den Ausschuss für Planung und Grundstücke am 26. November 2019, in dem ein Vertreter der Stadt Münster mit dem Vortrag „Das Erbbaurecht als zentraler Baustein einer gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung“ aufgezeigt habe, wie eine nachhaltige Bodenpolitik und preiswertes Wohnen unmittelbar zusammenhängen. „Mit dem Konzept ,Gebot auf Startmiete’ wird die Vergabe von Grundstücken an eine Mietpreisbindung gekoppelt.“

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Die Stadt Bochum wäre laut Netzwerk gut beraten, davon zu lernen „und ab sofort den kurzsichtigen Verkauf von Grundstücken im öffentlichen Eigentum zu stoppen“. Erbbaurecht und Erbpacht seien hingegen gemeinnützig, gestaltbar und nachhaltig wirtschaftlich. Zudem findet die Initiative, „dass sich das Gebäude der Rettungswache zu verschiedenen Umnutzungsvarianten gut eignet, von solider Substanz ist und in seiner maßstäblichen, materialgerechten 50er-Jahre-Bauweise auch als Denkmal geschützt werden könnte“.

Stadt Bochum versichert: „Erbbaurecht nimmt auch künftig großen Stellenwert ein“

Die Stadtverwaltung zeigt durchaus Verständnis für den Einwand des Netzwerks, beruhigt aber: „Das Erbbaurecht wird auch künftig einen großen Stellenwert bei uns einnehmen“, sagt Stadtsprecher Peter van Dyk. Deswegen habe es im besagten Ausschuss ja auch diesen Vortrag aus Münster gegeben.

Das bedeute aber nicht, dass sich auch jedes Geschäft so abwickeln lasse. „Nicht jedes Grundstück eignet sich gleichermaßen dafür, gerade einzelne nicht“, so Peter van Dyk weiter. Darauf könne man nicht großartig etwas entwickeln. „Da muss man dann auch nicht über Generationen den Daumen draufhalten.“ Bei großen, zusammenhängenden Flächen, die zu entwickeln es sich lohne, sei das anders. Da spiele das Erbbaurecht natürlich eine wichtige Rolle.

Gute Konzepte gewünscht

Die vorgesehene Wohnbebauung an der Wasserstraße 444 soll sich optisch in den baulichen Charakter der Umgebung einfügen. Es darf also nicht höher als in der Nachbarschaft gebaut werden, höchstens niedriger. Zu erwarten sind maximal zwei Etagen plus Staffelgeschoss – also eine Etage mit einer geringeren Grundfläche.

Auf ein Höchstgebots-Verfahren hat die Stadt auf Wunsch der Politik verzichtet. Stadtsprecher Peter van Dyk: „Es geht hier nicht um den höchsten Preis, sondern ums Konzept.“

Für das Grundstück an der Wasserstraße 444 habe die Stadt klare Vorgaben gemacht. „Es geht hier um reines Wohngebiet, in dem wir uns gut einen Kindergarten vorstellen können. Ein Supermarkt ist an dieser Stelle also ausgeschlossen“, sagt Peter van Dyk. Auch der soziale Wohnungsbau solle berücksichtigt werden.

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Das Interessenbekundungs-Verfahren ist am 31. Januar beendet worden. „Die Angebote der 19 Bieter werden nun gesichtet“, teilt Peter van Dyk mit. „Mit der endgültigen Entscheidung über den Zuschlag wird in den kommenden Monaten zu rechnen sein.“

Das Netzwerk „Stadt für Alle“ ist ein offener Zusammenschluss von stadtpolitisch interessierten Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen, die sich für bezahlbaren Wohnraum und für eine solidarische und ökologische Stadtentwicklung einsetzen. Regelmäßige Treffen finden jeden zweiten und vierten Dienstag im Monat um 19 Uhr im „Provisorium“, dem Ladenlokal des Kulturfabrik Bochum e.V., Dorstener Straße 17 (Ecke Stühmeyerstraße), statt. Info: www.stadt-fuer-alle-bochum.net .