Bochum-Weitmar/Eppendorf. Die Pächter im Verein Thiemannshof können laut Stadt Bochum ihre vergifteten nicht mehr nutzen. Von einem Umzug wussten sie bislang nichts.
Die Kleingärtner der Anlage Thiemannshof an der Essener Straße müssen ihre Parzellen verlassen. Zu hoch sind die Bodenbelastungen; ein hoher Anteil von polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) wurde insbesondere in den oberen Erdschichten festgestellt. Darüber informierte die Verwaltung jetzt die Bezirksvertretung Mitte in ihrer jüngsten Sitzung. Die Kleingärtner selbst sind ratlos.
Vereins-Vorsitzende Cordelia Thöne: „Wir wissen von nichts, wir als Verein sitzen außen vor. Eine Information von Seiten der Stadt wäre ganz nett gewesen.“ Die letzte Information bekamen sie 2017, als der Grundstücksbesitzer, die NRW. Urban, gemeinsam mit dem Umweltamt den Verein und den Stadtverband der Kleingärtner in einer Sitzung informierte. Cordelia Thöne: „Wir erhielten dann 2018 Nutzungsbeschränkungen, sollen etwa kein bodennahes Gemüse anbauen und unmittelbaren Bodenkontakt vermeiden.“
Erste Untersuchungen gab es 2015
Der Boden wurde bereits 2015 partiell untersucht, als die NRW.Urban die Fläche an die Stadt verkaufen wollte; zunächst zeigte die Bogestra, die in unmittelbarer Nachbarschaft ihren Betriebshof unterhält, Interesse an dem Gelände für eine mögliche Erweiterung, verzichtete dann aber auf den Kauf. Nach den ersten Prüfungen wurden weitere Detail-Messungen durchgeführt, „auf jeder Parzelle an drei Stellen“, erinnert sich die Vorsitzende.
Kleingartenanlage besteht seit 1931
Die Kleingartenanlage Thiemannshof besteht seit 1931 an der Essener Straße. Heute ist sie in 64 Parzellen unterteilt.
„Viele Pächter geben ihre Parzellen weiter. So haben wir im Verein Kinder, deren Eltern zu den Gründungsmitgliedern gehörten“, sagt Vereinsvorsitzende Cordelia Thöne.
Die Verwaltung führt aus: „Es wurden umgehend, auf der Grundlage der ersten Untersuchungsergebnisse am 29. April, Nutzungsbeschränkungen über den Stadtverband der Kleingärtner an die Pächter der Kleingartenanlage Thiemannshof weitergegeben. Weitere folgten, jeweils unter Berücksichtigung der neusten Untersuchungsergebnisse, am 28. September 2017 und am 8. Juni 2018.“
Anbau in Hochbeeten
In der Mitteilung an den Bezirk nach einer Anfrage der Grünen-Ratfraktion im Umweltausschuss Ende letzten Jahres heißt es: Aufgrund der örtlichen Lage und der vorhandenen Struktur kommt eine Sanierung durch Bodenaustausch für eine weitere Nutzung als Kleingartenanlage leider nicht in Frage, so dass eine Ersatzfläche für die Umsiedlung im näheren Umfeld gesucht werden sollte.
Bislang waren die Thiemannshof-Hobbygärtner von mehreren Lösungsvarianten ausgegangen, die, so Thöne, ihrem Informationsstand entsprechen: „Da war von einem Bodenaustausch die Rede, von einem künftigen Anbau in Hochbeeten, oder eben Aufgabe der Parzellen.“
Sanierung nicht möglich
Auf Anfrage erklärt nun Stadtsprecher Peter van Dyk: „Eine Sanierung ist dort nicht möglich.“ Auch das Umwelt- und Grünflächenamt bestätigt in seiner Antwort auf die Grünen-Anfrage, dass ein Bodenaustausch wirtschaftlich nicht durchführbar sei. Die Kleingartenanlage ist wegen ihrer Topographie terrassenförmig angelegt, durchgängige Wege fehlen. „Lediglich von der Essener Straße führen schmale Wege in Schubkarrenbreite hinein.“
Nach den Detailuntersuchungen, die eine flächige Belastung in den oberen Bodenschichten ergaben, stand fest: Ein Nutzpflanzenanbau sei nicht mehr möglich. Thöne: „Uns wurde gesagt, dass wir Obst von Bäumen und Hecken weiterhin verwenden können, nur keine Pflanzen wie Kartoffeln oder Karotten. Wobei mir nach Nachfrage das Umweltamt inoffiziell mitgeteilt hatte, dass das Gemüse – sorgfältig geschält – durchaus noch verzehrt werden dürfe. Schon damals dachte ich: Was denn nun?“
Ersatzfläche vier Kilometer entfernt
Inzwischen wurde eine Ersatzfläche für die Kleingärtner gefunden, in vier Kilometer Entfernung vom jetzigen Standort. Das Areal gehört der Stadt, ist als landwirtschaftliche Fläche verpachtet und „groß genug, um die Parzellenanzahl inklusive Parkplatz, Vereinshaus und Rahmengrünflächen unterzubringen“. Wo es liegt, darüber schweigt die Verwaltung noch. Mit dem Pächter dieser Fläche laufen laut Verwaltung Grundstücksverhandlungen in anderer Sache. Die Verhandlungen zur ausgesuchten Fläche sollten in 2020 beginnen.
Cordelia Thöne zeigt sich von der Nachricht überrascht: „Auf uns ist bislang niemand zugekommen. Ich kann jetzt auch nicht mutmaßen, wo die Fläche sein sollte.“ Peter van Dyk: „Es gibt keine konkrete Zeitplanung. Wir sind aber guter Hoffnung, dass es schnell gehen kann.“
Das sieht die Vereinsvorsitzende anders: „Das geht sicher nicht von heute auf morgen. Die neue Fläche muss eine Entwässerung bekommen, eine Parzellierung, und wir Pächter müssen entschädigt werden.“