Bochum. Ein Fahrlehrer, der an der Berliner Straße geblitzt worden ist, klagt gegen einen Bußgeldbescheid. Seine Chance scheinen nicht gut zu sein.

Die viel diskutierte Blitzeranlage an der Berliner Straße in Wattenscheid hat am Freitag das Amtsgericht beschäftigt. Ein Autofahrer (53) legte Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid über 100 Euro und einen Punkt in Flensburg ein. Richter Dr. Frank Gerkau stellte aber klar: „Technisch ist die Anlage 100-prozentig okay. Die Messung ist für plausibel.“ Der Richter beruft sich dabei auf mehrere unabhängige Gutachtern.

Das dürfte der Kläger aus Essen nicht gern gehört haben. Ihm geht es keinesfalls nur um die 100 Euro und den Punkt. Er ist Fahrlehrer und muss fürchten, dass eine rechtskräftige Sanktionierung wegen eines Rotlichtverstoßes einen Eignungstest für seine berufliche Tätigkeit nach sich zieht.

„Ich habe kein Rot gesehen“

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Am 9. Februar 2019 um 14.15 Uhr fuhr der 53-Jährige mit seinem Fahrlehrerwagen nach Feierabend über die Berliner Straße Richtung Wattenscheid-Mitte. Unter der Bahnbrücke, 15 bis 18 Meter vor der Ampel, habe er gesehen, dass die Ampel auf Gelb sprang. Um keine Gefahrenbremsung hinlegen zu müssen, sei er durchgefahren – noch während der drei Sekunden langen Gelbphase. „Ich habe kein Rot gesehen.“

Das dokumentiert die Blitzeranlage, die nicht nur Rotlicht-, sondern auch Tempoverstöße erkennt, aber anders. Demnach war es schon 0,77 Sekunden lang „Rot“, als der Fahrlehrer die Kreuzung passierte. Nach Abzug einer Toleranzzeit bleiben dann zwar nur 0,3 Sekunden übrig – das sei am unteren Rande eines Rotlichtverstoßes, aber trotzdem ein Verstoß, so der Richter.

Kläger: Fahrprüfer meiden die Berliner Straße aus Angst vor dem Blitzer

Mehr als 22.000 Kraftfahrer wurden schon geblitzt

Seit Start der Blitzeranlage am 8. Februar sind schon mehr als 22.000 Kraftfahrer von der Blitzanlage Berliner Straße fotografiert worden.

Die meisten, weil sie zu schnell waren: 20.140 waren es bis Ende November. Allein im Februar und März waren es mehr als 7300. Danach ging die Anzahl pro Monat deutlich zurück.

Wegen Rotlichtverstoßes wurden 2126 geblitzt.

Kombiniert – also zu schnell UND bei Rot – waren es 356.

Der Kläger traut der Funktionstüchtigkeit aber nicht. „Seitdem der Blitzer steht, meiden Fahrprüfer die Berliner Straße aus Angst, zu Unrecht geblitzt zu werden.“

Den Bußgeldbescheid ficht der Anwalt des Fahrlehrers aber noch aus einem anderen Grund an. Zwei Tage nach dem Blitzen hatte ein Stadtsprecher der WAZ erklärt, dass der Blitzer noch in der letzten Testphase sei. Drei Tage später hieß es, dass sie erst jetzt scharfgestellt werde. Trotzdem scheint das keinen Einfluss auf die richterliche Sicht zu haben. Es bleibe schließlich ein Rotlichtverstoß.

Der Richter will der Klägerseite jetzt weitere Beweismittel zukommen lassen. Danach entscheiden Fahrlehrer und Anwalt, ob sie den Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurücknehmen.

Video von blitzender Anlage sorgt für Irritationen

Für Irritation hatte im September ein privates Video gesorgt. Es zeigt, wie der Blitzer viermal auslöst, als ein vor der „roten“ Ampel wartender Autofahrer bei Grün langsam losfährt, sich also völlig korrekt verhält. Das Rechtsamt erklärt dazu, dass es sich „um einen Selbsttest der Anlage mit vier Probeblitzen handelt, der immer gegen Mitternacht durchgeführt wird und sicherstellt, dass das Gerät einwandfrei funktioniert. Dieser Autofahrer hat keinen Bußgeldbescheid zu befürchten“.