Bochum. Mit der Stahlproduktion- und Verarbeitung in Bochum geht es bergab. Einst zählte die Ruhrstadt den wichtigsten Montanstädten in Deutschland.
Nach den Schließungsplänen von Thyssenkrupp steht das Ende der Stahlproduktion- und Verarbeitung in Bochum bevor. Einst zählte die Ruhrstadt den wichtigsten Montanstädten.
Grönemeyer spürte Pulsschlag aus Stahl
„Du hast ‘nen Pulsschlag aus Stahl/man hört ihn laut in der Nacht...“ – Als Herbert Grönemeyer 1984 seine „Bochum“-Hymne erfand, da konnte der Bochumer Junge vom Jahrgang 1956 noch getrost das stählerne Herz seiner Heimatstadt besingen. Bochum war eine Produktions- und Arbeiterstadt, sie stand nach dem Ende des Bergbaus (die letzte Zeche schloss 1973) beispielhaft für die Stahlregion Ruhr, so wie Duisburg mit Thyssen und Dortmund mit Hoesch.
Mit dem Verlust des Thyssenkrupp-Werkes droht nun das finale Aus einer über 170 Jahre langen wirtschaftlichen und sozialen Tradition.
Anfänge Mitte des 19. Jahrhunderts
Die Anfänge der Stahlstadt Bochum gehen auf Jacob Mayer zurück, der Ingenieur erwarb 1843 ein Gelände an der Essener Chaussee, auf dem eine Fabrik zur Erzeugung von Gussstahl errichtet wurde. 1854 wurde der Betrieb in „Bochumer Verein für Bergbau und Gussstahlfabrikation“ umbenannt. Unter dem Direktor Louis Baare entwickelte sich der B.V. zunächst zu einem der führenden Unternehmen des Ruhrgebiets, später in ganz Europa.
In dem Montankonzern, zu dem zahlreiche Stahlwerke und Zechen gehörten, waren über 20.000 Menschen beschäftigt. 1965 fusionierte das Unternehmen mit der Hütten- und Bergwerke Rheinhausen AG des ewigen Konkurrenten Krupp. In der Folge wurde 1968 das Hochofenwerk an der Gahlenschen Straße dicht gemacht, Zug um Zug alle anderen Produktionsteile im und am heutigen Westpark abgewickelt.
Schienen-Kartell brachte das Ende
Der letzte produzierende Betrieb der ehemaligen „Stahlindustrie“ des Bochumer Vereins war das Weichenwerk in Stahlhausen. Nach Aufdeckung des Schienen-Kartells 2011 gab Thyssenkrupp das Gleisgeschäft komplett auf. Der Betrieb in Bochum wurde 2014 geschlossen.
Beständig modernisiert
Der Standort Höntrop entlang der Alleestraße wurde beständig modernisiert und erweitert; das Werk gehört heute zum Thyssenkrupp-Konzern in Form der Krupp Steel (Walzwerke, Verzinkungen). Die ehemalige Edelstahlsparte mit 500 Mitarbeitern wurde 2012 erst an den finnischen Konzern Outokumpu verkauft und 2015 abgewickelt. Damit war die Geschichte der Stahlherstellung in Bochum in Grunde genommen bereits beendet.
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Nur noch Wenige können sich daran erinnern, dass auch Weitmar ein wichtiger Standort war. Das B.V.-Werk Weitmar war 1889 als „Westfälische Stahlwerke“ gegründet worden. Heute steht noch das stattliche Verwaltungsgebäude an der Kohlenstraße, das frühere Werksgelände ist zum Gewerbegebiet „Rombacher Hütte“ umgestrickt worden.
Bereits um 1900 waren in Weitmar 1700 Mann beschäftigt, neben der Stahlproduktion war die Fabrik als Schienenwalzwerk eine feste Größe. Nach der Übernahme durch Krupp wurde 1968 das Stahlwerk 4 stillgelegt, 1969/70 dann der gesamte Betrieb. Die markante Silhouette des Werks Weitmar mit der Phalanx aus Kaminen haben ältere Bochumer noch vor Augen.
Nicht vergessen werden dürfen im historischen Abriss die Stahlwerke Bochum AG (SWB), neben dem ehemaligen Bochumer Verein war das Werk zwischen Castroper und Harpener Straße mit Walzwerk und Stahlgießanlagen der größte Stahlstandort in Bochum.
1970 von Thyssen übernommen
Nach der Höchstzahl von über 5700 Arbeitern anno 1961 erfolgte 1964 die Stilllegung des Siemens-Martin-Stahlwerks, 1966 der Verkauf der Blockwalzstraße. 1967 waren immerhin noch 3700 Arbeiter und Angestellte bei den SWB beschäftigt. 1970 übernahm die Thyssen-Gruppe den Betrieb, der Walzwerk-Standort wurde auf die Herstellung von Elektroblech ausgerichtet. Nun sollen auch hier in absehbarer Zeit die Öfen verlöschen.
Nostalgie statt Gegenwart
Kommt es dazu, hat sich ein weiteres Kapitel Bochumer Wirtschaftsgeschichte erledigt. Und der noch in den 60er Jahren allgegenwärtige Werbespruch „Bochums Dreiklang, merk’ ihn Dir: Kohle, Eisen, Schlegel-Bier“ ist endgültig nur noch ein nostalgisches Gleichnis.