Bochum/Duisburg. An der Großkundgebung in Duisburg nehmen 650 Stahlarbeiter aus den beiden Bochumer Standorten teil. Es geht etwa um den Erhalt des Warmbandwerkes.

Rund 650 Stahlarbeiter aus Bochum nahmen an der mittlerweile zu Ende gegangenen Großkundgebung bei Thyssenkrupp-Stahl in Duisburg teil. Insgesamt sind dort rund 6000 Mitarbeiter des angeschlagenen Konzerns zusammengekommen, um vor der am Nachmittag tagenden Aufsichtsratssitzung für den Erhalt der Arbeitsplätze einzutreten. Zuletzt war die Rede davon, dass der Konzern etwa 2000 Arbeitsplätze an verschiedenen Standorten streichen will.

Der Bochumer Betriebsratschef und Mitglied des Stahl-Aufsichtsrates, Engin Karakurt, sagte: „Wir wissen mittlerweile, dass es auch in Bochum zu Einschnitten kommen wird.“ Einzelheiten seien allerdings noch nicht durchgesickert. Bei der Aufsichtsratssitzung soll Konkretes mitgeteilt werden. In Bochum gibt es seit Jahren große Sorgen, ob die Warmbreitbandstraße aufgrund der Überkapazitäten im Konzern weiterhin erhalten bleiben kann. Rund 500 Stahlarbeiter sind alleine dort beschäftigt.

Wenn es tatsächlich zu schlimmen Einschnitten  bei der Bochumer Stahlindustrie oder gar Werksschließungen kommen sollte, könnte es wirklich „heiß werden.“ Im Bild Eva Kerkemeier von der IG Metall bei einer Streikversammlung im Februar.
Wenn es tatsächlich zu schlimmen Einschnitten bei der Bochumer Stahlindustrie oder gar Werksschließungen kommen sollte, könnte es wirklich „heiß werden.“ Im Bild Eva Kerkemeier von der IG Metall bei einer Streikversammlung im Februar. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

IG Metall: Anständig mit uns umgehen

Wie die 1. Bevollmächtigte der IG Metall Bochum-Herne, Eva Kerkemeier, der WAZ mitteilt, geht der Blick mit großer Sorge nach Duisburg. Dort tagt zur Stunde der Aufsichtsrat. Es wird erwartet, dass weitreichende Einsparungen und ein Personalabbau, der über die bislang bekannt gewordenen Zahlen hinausgeht, beschlossen wird. „Ich hoffe immer noch, dass Bochum nicht dabei geht. Für den Fall, dass es hier zu Personalabbau kommt, erwarte ich, dass anständig mit uns umgegangen wird, es also keine betriebsbedingten Kündigungen gibt.“

Jetzt sind Investitionen nötig

Die IG Metall geht bislang davon aus, dass Bochum auch bei der künftigen Strategie des Konzerns eine wichtige Rolle spielen wird. Derzeit arbeiten in Bochum an den beiden Standorten Essener Straße und Castroper Straße rund 2500 Stahlarbeiter. „Doch damit wir auch in Zukunft konkurrenzfähig bleiben, benötigen wir jetzt dringend Investitionen“, so Karakurt.

Axel Schäfer unter dem Demonstranten vor der Hauptverwaltung von Thyssenkrupp Stahl in Duisburg.
Axel Schäfer unter dem Demonstranten vor der Hauptverwaltung von Thyssenkrupp Stahl in Duisburg. © AS

Unter den Demonstranten ist auch der Bochumer Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer (SPD), der seit vielen Jahren enge Kontakte zu den Bochumer Stahlarbeitern unterhält. Schäfer ist sich sicher: Jetzt ist es 5 vor 12. Es geht um unsere Arbeitsplätze vor Ort.“ Er fordert ebenso wie der Betriebsrat den unbedingten Erhalt des Wambandwalzwerkes, immer noch eine der modernsten Anlagen dieser Art in Europa, für Bochum.

Nach der Aufsichtsratsitzung wird sich der Stahlbetriebsrat zusammensetzen. Möglicherweise, so Karakurt gegenüber der WAZ, gibt es dann bereits Informationen darüber, welche Einschnitte es konkret an den beiden Bochumer Standorten geben wird.

>>>Kurzer Blick in die Geschichte

Zu den größten Arbeitsniederlegungen kam es in Bochum als in den 60er Jahren im Rahmen der Übernahme des Bochumer Vereins Krupp Personalabbau ankündigte.

Tausende Stahlarbeiter waren auf der Straße, als Krupp in den 60er Jahren Einschnitte ankündigte.
Tausende Stahlarbeiter waren auf der Straße, als Krupp in den 60er Jahren Einschnitte ankündigte.

Zunächst waren die Hochöfen, danach die Stahlgießereien in Weitmar und in der Gussstahlfabrik getroffen. Krupp hatte beim Ende des Stahlgusses 1970 zwar den Preis als Grund genannt. Im Grunde, so zeigte später die Geschichte, war ein unliebsamer Konkurrenz vom Markt genommen. Außerdem war Anfang der 70er Jahre die Nachfrage nach Stahlguss-Glocken enorm zurück gegangen. Daher waren die glorreichen Zeiten der Nachkriegszeit, als etwa der thailändische König Bhumipol nach Bochum kam, bald vorbei.

Immer wieder gingen die kämpferischen Bochumer Stahlarbeiter auf die Straßen. In der nebenstehenden Aufnahme sind ganz hinten noch die Spitzen der Bochumer Hochöfen zu erkennen.

Der geplagte Stahlstandort Bochum

Die Stadt Bochum blickt auf mittlerweile 177 Jahre Stahlgeschichte zurück, eine stolze Zahl. Die Entwicklung beginnt mit der Gründung der Gussstahlfabrik Mayer und Kühne 1842. Die WAZ hat immer wieder über Aufstieg und Niedergang der Bochumer Stahlindustrie berichtet. Aus aktuellem Anlass geben wir hier eine kurze Aufstellung über die letzten Jahre: