bochum. Neuer Mann an der Spitze des Bochumer Betriebsrats versprüht Optimismus. Das Wambandwerk produziert für die Autoindustrie. Werk liefert Qualität.
In schwierigen Zeiten steht mit Engin Karakurt (53) ein neuer Mann an der Spitze des Betriebsrats des Werks von Thyssenkrupp-Stahl an der Essener Straße. Seit der Schließung des Outokumpu-Edelstahlwerkes hat vor allem die Warmbandstraße ein Auslastungsproblem. Gewalzt wird dort Qualitätsblech, das hauptsächlich für die Automobilindustrie bestimmt ist. Doch ist die Anlage mit einer Kapazität von 360.000 Tonnen Stahl im Monat im Schnitt gerade einmal gut zur Hälfte ausgelastet. Dies ist ein Grund, warum diese Anlage im Zusammenhang mit der geplanten Fusion mit Tata-Steel im kommenden Jahr einer Wirtschaftlichkeitsprüfung unterzogen werden muss. Doch Karakurt ist optimistisch: „Wir haben hier am Standort Bochum eine hervorragende Warmbandanlage. Wir sind in der Lage, ganz unterschiedlich Sonderstähle zu walzen. Dies ist unser großer Vorteil.“ Bochum bleibt der zweitgrößte Standort nach Duisburg bei Thyssenkrupp-Stahl. Andere Anlagen in Bochum sind hervorragend ausgelastet. Das gilt insbesondere für die Feuerverzinkung und die Warmspaltanlage, wo etwa Material für Automobil-Felgen bearbeitet wird.
Engin Karakurt steht seit Anfang Februar dem 19-köpfigen Betriebsrat vor. Thyssenkrupp-Stahl ist seit der Schließung des Opel-Werks mit rund 2500 Beschäftigten (da ist das Elektroband-Werk an der Castroper Straße dazu gerechnet) der größte industrielle Arbeitgeber in Bochum. Im Gespräch mit dieser Redaktion spricht Engin Karakurt über die Herausforderungen für die Stahlindustrie.
Gespräch über die Situation im Bochumer Werk
Wie ist die Situation aktuell am Thyssenkrupp-Standort Bochum?
Wir haben natürlich einen Nachteil gegenüber dem Standort Duisburg. Da ist etwa die Lage direkt am Rhein. Außerdem sind die Energiekosten dort günstiger und die Transportwege kürzer. Trotzdem gehöre ich nicht zu denen, die für Bochum schwarz sehen.
Woher nehmen Sie ihren Optimismus?
Wir haben den Vorteil, dass wir im Warmbandwerk sehr viel für die Automobilindustrie walzen. Das sind spezielle Maße und spezielle Stahlgüten. Das hat etwas damit zu tun, dass wir viele Jahre lang Edelstahl – früher für Nirosta, später Outokumpu – gewalzt haben. Wenn jetzt die Automobilindustrie schwächelt, spüren wir das in Bochum natürlich zuerst.
Schließung hätte große Auswirkungen
Was passiert im Fall einer Fusion mit Tata mit Bochum?
Bis zum 30. September 2020 findet dann die Wirtschaftlichkeitsprüfung unseres Warmbandwerkes statt. Insgesamt arbeiten 400 Mitarbeiter dort. Doch dieser Prüfung sehe ich eigentlich optimistisch entgegen. Vielleicht könnten wir dann sogar mehr Tonnage bekommen. Aber noch hat das Kartellamt ja nicht zugestimmt.
Was würde bei einer Schließung des Wambandwerks passieren?
Da hängt eine ganze Menge dran. Nachgeschaltete Anlagen wären von einer Schließung betroffen. Daher glaube ich eigentlich ganz fest an die Zukunft dieses Standortes. Er ist innerhalb des Unternehmens zu wichtig. Insgesamt hat Thyssenkrupp-Stahl drei Warmbandanlagen.
Nennen Sie mal ein Beispiel?
Unsere größten Kunden kommen aus der Automobilindustrie. Die legen großen Wert auf Qualität. Und mit unseren Topanlagen hier in Bochum und den flexiblen Mitarbeitern können wir genau das liefern.
Bochum ist ja ein großer Ausbildungsstandort von Thyssenkrupp?
Ja, das stimmt. Die Ausbildung war immer so etwas wie mein Steckenpferd. Wir haben hier eine Premium-Ausbildung. Selbst, wenn mal jemand nicht übernommen wird, die kommen überall unter. Pro Jahr werden 35 Auszubildende eingestellt. Das heißt bei vierjähriger Ausbildung haben wir hier ca. 140 Auszubildende. Aktuell haben wir mit dem Arbeitgeber einen Tarifvertrag ausgehandelt , der zusichert, dass alle Auszubildenden in den nächsten drei Jahren übernommen werden.
>>>1984 begann er eine Lehre zum Stahlbauschlosser
Engin Karakurt hat 1984 bei Krupp in Bochum eine Lehre zum Stahlbauschlosser begonnen. Danach arbeitete er als Schlosser und wechselte später in die Logistikabteilung des Kaltwalzwerkes.
1998 kandidierte er zum ersten Mal für den Betriebsrat. Zuvor war er schon Vertrauensmann. Betriebsratsmitglied ist er seit 2002. Seit dem 31. Januar 2019 ist er Betriebsratsvorsitzender. Engin Karakurt ist verheiratet und hat drei Kinder.