Bochum. Gemeinsam zeigen sie ein Musical über eine Klassenfahrt. Nach zwei umjubelten Aufführungen in beiden Städten sind echte Freundschaften entstanden.

Fast 30 Jahre ist es her, seit sich Bochum und Nordhausen freundschaftlich die Hände reichten und eine Partnerschaft beschlossen, die bis heute lebendig ist. Kurz vor der Wiedervereinigung 1990 wurde der Ort in Thüringen zu Bochums vierter Partnerstadt – und der Kontakt ist seither durchaus rege, wie ein schönes Theaterprojekt beweist, das jetzt auf zwei Bühnen der beiden Städte zu sehen war.

80 Kinder im Alter von 9 bis 13 Jahren machten an der Aufführung mit, die von dem Bundesprojekt „Kultur macht stark, Musik für alle“ ermöglicht wurde. Die Hälfte stammt aus Jugendfreizeithäusern in Riemke, Hamme, Gerthe, Langendreer und Werne, die andere Hälfte kam aus Nordhäuser Seite. Veranstalter war die Stiftung „Kinder brauchen Musik“, dessen Vorstand der legendäre Kinderlieder-Sänger Rolf Zuckowski ist, der die Premiere im Theater Nordhausen vor 400 Zuschauern auch persönlich eröffnete. Seine Tochter Anuschka Präßl besuchte im Anschluss die Aufführung im Prinz-Regent-Theater.

Gemeinsam erkundeten sie die Stadt

Während der Herbstferien studierten die 80 Kinder, die in der Jugendherberge Rothleimmühle in Nordhausen untergebracht waren, gemeinsam ihr Musical unter dem Titel „Wir fahren auf Klassenfahrt“ ein. Unterstützt wurden sie dabei von der Schauspielerin Insina Lüschen und ihrem Team, das den Schülern professionell unter die Arme griff. „Sie erarbeiteten Songs, Schauspielszenen und Choreographien und das alles innerhalb von nur einer Woche“, lobt Initiatorin Carmen Witzel. „Das war wirklich eine reife Leistung.“

Das sind die Bochumer Partnerstädte

Nordhausen im Norden Thüringens ist seit dem 17. Juni 1990 Bochums vierte Partnerstadt: neben Sheffield in England (seit 1950), Oviedo in Spanien (seit 1980) und Donezk in der Ukraine (seit 1987). Seit diesen Tagen ist Bochum sogar um eine Partnerstadt reicher: Mit Tsukuba in Japan wurde jetzt Freundschaft geschlossen.

Nordhausen hat rund 44.000 Einwohner und wurde im Zweiten Weltkrieg stark zerstört. Bekannt wurde die Stadt vor allem durch den „Nordhäuser Doppelkorn“, eine mehrfach ausgezeichnete Spirituose.

Auch während der Freizeit wurde zusammen gespielt und gesungen: Die Nordhäuser Kinder zeigten ihren neuen Freunden aus dem Ruhrgebiet ihre Heimatstadt, wo sie den berühmten Nordhäuser Treppenkäfer entdeckten. „Bei den Proben wurde darauf geachtet, dass die Gruppen gut durchmischt waren, damit sich alle kennenlernen“, sagt Witzel. „Der gegenseitige Respekt und der Glaube an sich selbst ließ dieses Projekt richtig stark werden.“

Heimweh, Mobbing, Abenteuer und Herzschmerz

Erzählt wurde in dem Theaterstück von einer Klassenfahrt mit all ihren großen und kleinen Dramen: Heimweh, Mobbing, Abenteuer und Herzschmerz. Neben dem gemeinsamen Workshop bekamen die Kinder Einblicke in unterschiedliche Arbeitsfelder des Theaters: Körpersprache und Bühnenpräsenz wurden ebenso trainiert wie der Umgang mit Lampenfieber und Blackout.

Zwei umjubelte Vorstellungen brachten den Ferienworkshop zum krönenden Abschluss. Vor allem das kleine Prinz-Regent-Theater wurde durch die Anwesenheit von 80 jungen Schauspielern an seine Grenzen gebracht. „Wir waren sehr gerne Gastgeber dieses schönen Projekt, aber dies war schon eine logistische Meisterleistung“, sagt Theaterleiter Hans Dreher. „Das war die mit Abstand größte Menschenmenge, die jemals hier auf der Bühne war.“

Am Ende gab es Tränen des Abschieds

Hinter den Kulissen war der Teufel los. Die viel zu kleinen Garderoben platzten aus allen Nähten: „Das Essen haben wir im Medienhaus in mehreren Schichten durchgeführt“, sagt Dreher schmunzelnd und zollt dem Projekt aber große Anerkennung: „Was hier in nur einer Woche Probenzeit alles erarbeitet wurde: Chapeau!“

Am Ende gab es zahlreiche Tränen unter den jungen Spielern, denn nach einer solch spannenden, aufregenden Zeit Abschied voneinander nehmen zu müssen, ist natürlich nicht leicht. „Aber ich bin mir sicher: Hier sind lebenslange Freundschaften entstanden“, meint Dreher.