Bochum. Die Kampagne „10 Prozent - Nice Preis“ ist angelaufen. Sie macht auf die dringend notwendige Unterstützung der Freien Szene in Bochum aufmerksam.

Mit einer kreativen Kampagne will die freie Kulturszene an mehr Geld kommen. 10 % des städtischen Kulturetats in Bochum, so die Forderung, sollten zukünftig in die Förderung der „Freien“ fließen.

Öffentlichkeitswirksame Aktionen

Um auf die Wichtigkeit aufmerksam zu machen, ist die Operation „Nice Preis 10 %“ ins Leben gerufen worden. „Sie soll bis zur Kommunalwahl im nächsten Jahr immer wieder neu mit öffentlichkeitswirksamen Aktionen belebt werden“, so Gerd Spieckermann, Ex-Mitarbeiter im Kulturzentrum Bahnhof Langendreer und Sprecher des Bochumer Kulturstammtisches.

„Freie“ vernetzen sich

Die Operation „Nice Preis – 10% vom Kulturhaushalt“ ist die letzte in einer ganzen Reihe von Vorstößen, die von der Freien Szene in den letzten Jahren unternommen worden sind, um eine bessere finanzielle Ausstattung anzumahnen.

Die Freie Kulturszene ist in einem monatlich tagenden „Kulturstammtisch“ vernetzt. 2017 wurde der Dachverein „Freie Kulturszene Bochum e.V.“ gegründet.

Die aktuelle Kampagne wird bereits zum Start von mehr als 35 Initiativen und Trägern sowie zahlreichen Künstler/innen und Kreativen getragen.

In den letzten Tagen waren z.B. haushohe Licht- und Farbzeichen an verschiedenen Plätzen und Gebäuden in Bochum zu entdecken, etwa am Deutschen Bergbaumuseum. „Sie werben dafür, zehn Prozent des Bochumer Kulturetats für die freie Szene auszugeben“, so Spieckermann, der auf die Bedeutung der vielen kleinen Gruppen und Veranstalter für den kulturellen Mehrwert dieser Stadt hinweist: „Mehr als die Hälfte des Kulturangebots in Bochum wird von den Trägern und Initiativen und den freien Kulturschaffenden auf die Beine gestellt“, so Spieckermann.

Im Schatten der Großen

Von der kleinen Figurenbühne im Theater der Gezeiten bis zu Kunstschaffenden in den kleinen Ateliers der Speckschweiz gibt es Dutzende freier Player in Bochum. Sie agieren meist im Schatten der großen Bochumer Kultur-Tanker Schauspielhaus, Bochumer Symphonikern und Kunstmuseum, und sind allein wegen ihrer geringen Größe und kleineren Publikumszahlen eine eine regelmäßige sogenannten institutionellen Förderung durch die Stadt angewiesen.

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Nicht dem Markt überlassen

Die Kulturpolitik und -verwaltung weist seit Jahren darauf hin, dass ihr diese Förderung wichtig ist, und man das Überleben der Freien nicht dem Markt oder dem Zufall überlassen wolle. Erst in der letzten Woche war das Thema im Kulturausschusses aufgerufen worden. Beschlossen wurde, die zweijährige Planungssicherheit für die freien Träger beizubehalten und die Fördersummen ohne Haushaltsvorbehalt im Kultur-Etat einzustellen. Sie macht heute für die freie Szene insgesamt 2,6 Millionen Euro aus.

Der Kampf um die Fördermittel währt seit Jahren. 2014 informierte Gerd Spieckermann, damals noch Initiative Bahnhof Langendreer, bei einer Kundgebung auf dem Willy-Brandt-Platz über die Finanzierungslücken.
Der Kampf um die Fördermittel währt seit Jahren. 2014 informierte Gerd Spieckermann, damals noch Initiative Bahnhof Langendreer, bei einer Kundgebung auf dem Willy-Brandt-Platz über die Finanzierungslücken. © WAZ-Fotopool | Klaus Pollkläsener

Die Bemühungen der Stadt werden von den Freien wertgeschätzt.

Insgesamt zu niedrig

„Diese Regelungen geben den Gruppen mehr Planungssicherheit, das ist auf jeden Fall ein Vorteil“, so Gerd Spieckermann. Doch seien die an die Gruppen verteilten Summen insgesamt zu niedrig. Die Förderung läge bisher bei weniger als vier Prozent des Kulturhaushalts. „Unsere Forderung ist, 10 % des Bochumer Kulturetats auf die Freien zu verteilen“, so Spieckermann.

Bei einem Gesamtvolumen von 71,6 Millionen Euro wären das, aufgestockt auf dem heutigen Sockel, rund 4 Millionen Euro für die freie Szene.

Langfristige Absicherung

Die Erhöhung sei wichtig, um zum Beispiel dringend notwendige Investitionen in freien Kultureinrichtungen zu finanzieren, einen Projektmittelfonds aufzubauen, neue Produktionsorte zu schaffen und Einrichtungen langfristig abzusichern. Dazu gehört etwa die „BO-Biennale“, das stadtweite Festival der „Freien“, das im Sommer zum zweiten Mal über die Bühne ging.

Internationale Gäste

Die BO-Bienale war seit dem Debüt vor zwei Jahren deutlich gewachsen, der Kreis der beteiligten Künstler/innen und Orte hatte sich fast verdoppelt. Alle Sparten, von Figuren- und freiem Theater über Medien- und bildenden Künstler, Musik von Jazz und Klassik bis Metal bis zu mobilem Kino und Tanz waren vertreten, dazu kamen nationale und internationale Gäste. Die Resonanz des Publikums war, auch wegen der oft gewählten Präsentationsformen unter freiem Himmel, sehr zufriedenstellend.

Der hohe Stellenwerte der Szene für die kulturelle Aura Bochums wurde eindrücklich unter Beweis gestellt.