Bochum-Wattenscheid. Exklusiv besichtigten 75 Bürger den Holland-Förderturm. Trotz Kälte war man sich in knapp 50 Metern einig: Der Aufstieg aufs Denkmal lohnt sich.

Eisig zieht der Wind. Obwohl die Sicht sich trübt, offenbart sich ein imposanter Blick über das Ruhrgebiet. Stadien, Halden, Himmelstreppe und weitere Landmarken präsentieren sich 75 Besuchern in rund 48 Metern Höhe: dort hinauf, auf die Plattform des sanierten Förderturms der ehemaligen Zeche Holland, hatte die Bochumer Wirtschaftsentwicklung am Freitag interessierte Bürger eingeladen. Neben dem Ausblick stand vor allem die künftige Nutzung des Areals im Fokus.

212 Stufen rund um den Turm trennen Vorfreude und Ausblick. Pünktlich um 13 Uhr setzt sich die erste Gruppe mit 15 Besuchern in Bewegung und erhält während des Aufstiegs Informationen von Projektleiter Hendrik Fangmann: „Eine Auflage der Denkmalbehörde war es, so viel wie möglich von der ursprünglichen Konstruktion zu erhalten. Neue Bauteile wurden farblich abgesetzt, damit sie sichtbar sind.“

Sanierung des Turms kostete 1,9 Millionen Euro

Schon vor dem Aufstieg tauschten sich Projektleiter Hendrik Fangmann (l.) und der ehemalige Bergbau-Elektroniker Gerd Terfehr aus.
Schon vor dem Aufstieg tauschten sich Projektleiter Hendrik Fangmann (l.) und der ehemalige Bergbau-Elektroniker Gerd Terfehr aus. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

15 Tonnen alter Stahl wurden aus-, rund 37 Tonnen neuer wieder eingebaut: „Die Differenz haben die Statiker berechnet“, erklärt Fangmann launisch. Die alte Struktur verfügte nicht mehr über die benötigte Tragfähigkeit, nachdem das Stahlgerüst über Jahrzehnte vor sich hin rostete. Die aufwendige Sanierung des Turms allein kostete 1,9 Millionen Euro. Für das Gesamtprojekt inklusive Gelände werden Kosten von rund 2,8 Millionen Euro veranschlagt. 80 Prozent werden durch Fördermittel, größtenteils im Rahmen der „Sozialen Stadt“, finanziert, je zehn Prozent steuern die Stadt Bochum und die Wirtschaftsentwicklung bei.

„Meist unter Tage gewesen“

Seilscheiben festgesetzt

Die künftige Nutzung ist zwar noch völlig ergebnisoffen, fest steht aber: geführte Besichtigungen sollen weiterhin angeboten werden. Dazu stehen noch weitere Arbeiten, etwa am Treppenzugang, an.

Die großen Seilsche iben wurden mittlerweile festgesetzt und sind nicht mehr beweglich. Turm und Gelände sollen Ende 2020 der Stadt übergeben werden.

Das Interesse am Ergebnis war unbestritten groß. Das Wattenscheider Ehepaar Adelinde und Gerd Terfehr gehörte zur ersten von fünf Gruppen, die den sanierten Turm besteigen konnten. Heimatverbundenheit und der ehemalige Beruf waren ausschlaggebend. Gerd Terfehr: „Ich komme aus dem Bergbau, bin aber meist unter Tage gewesen. Allerdings waren wir auch mit einer Rettungswinde unterwegs, um Leute im Notfall bergen zu können, und so auch mal näher an den Türmen dran.“

Oben angekommen, fanden die Besucher schnell bekannte Landmarken. Hier schauen (v.l.) Barbara Grimberg, Gerd Terfehr und Inga Böge-Krol genau hin.
Oben angekommen, fanden die Besucher schnell bekannte Landmarken. Hier schauen (v.l.) Barbara Grimberg, Gerd Terfehr und Inga Böge-Krol genau hin. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Oben auf der Plattform angekommen, herrscht Einigkeit: kalt ist’s, aber es lohnt. Eine Expertin hilft schnell bei der Orientierung, gibt einen Überblick über große Teile des Ruhrgebiets und macht etwa den Nordsternpark sowie das Himmelsobservatorium ausfindig. Auch die Arena auf Schalke und der Dortmunder Fernsehturm entgehen den Blicken nicht. Die Aussicht sei „hier besser als vom Bergbaumuseum Bochum“, befindet ein anderer Besucher beim luftigen Rundgang.

Bürgermeinungen sind gefragt

Vor dem Turm sammeln die Stadtteilmanager Alexander Kutsch und Karsten Schröder Vorschläge zur zukünftigen Nutzung. Schröder: „Die Gestaltung des Areals soll 2020 begonnen und auch abgeschlossen werden. Unser Stadtteilbüro steht Bürgern auch weiterhin offen und wir werden noch dieses Jahr einen Workshop mit geladenen Gästen durchführen.“ Besucher Rüdiger Preußner wünscht sich zum Beispiel eine „Verbindung zwischen der Vergangenheit und der Entwicklung des Ruhrgebiets“.

Stadtteilmanager Kutsch: „Wir möchten generell wissen, ob mehrheitlich eine eher ruhige oder eine lebendige Nutzung gewünscht ist.“ Bei der Umsetzung müsse jedoch auf eine „ganze Reihe an Restriktionen geachtet werden“, die manch Überlegung aus räumlichen und baulichen Gründen ausschließe.