Bochum-Langendreer. Die Oesterheidestraße führt über die Rückseiten von Langendreer. Sie ist die vielleicht unheimlichste Straße im Bochumer Osten.

Auf gut drei Kilometern Länge führt die Oesterheidestraße über die Rückseiten von Langendreer. Sie ist die vielleicht unheimlichste Straße im Bochumer Osten.

Das liegt daran, dass sie so abgelegen ist. Man muss erst durchs ganze Oberdorf, bis der nach links führende Abzweig in die Oesterheidestraße in Sicht kommt. Zunächst lässt sich das Umfeld ganz heimelig an, es geht entlang von reichlich Grün, das auf dem Gelände der Zeche Siebenplaneten gewuchert ist, die vor ewiger Zeit hier in Förderung stand.

Züge rauschen vorbei

Rechterhand führen Abzweige zu einer Gärtnerei, vor einer Kurve steht man unvermittelt an den weiten Gleisanlagen der Ruhrgebiets-Hauptstrecke von Oberhausen nach Dortmund; im Minutentakt rauschen Personen- und Güterzüge durch. Am Rand der Gleise gedeihen Brombeeren und die gelb leuchtende Goldrute.

Die „Heide“ von Langendreer

Die Oesterheidestraße führt von der Grabelohstraße rund ums Oberdorf zur Oberstraße „auf den Berg“ bei der ehemaligen Zeche Siebenplaneten. Im Straßenverzeichnis der Stadt Bochum wird sie erstmals 1903 erwähnt.

Der Name geht auf eine Flur- und Gewannenbezeichnung aus dem Urkataster von 1824 zurück. Danach handelt es sich bei der „Oesterheide“ um die östlich von Langendreer gelegene „Heide“ - gemeint als dörflicher Gemeinschaftsbesitz, nicht als Naturlandschaft.

Dann ein Verkehrsschild: Durchfahrtshöhe 3,3 Meter, der erste Hinweis auf die erste unheimliche Passage der Oesterheidestraße. Es handelt sich um vier niedrige Eisenbahnunterführungen, die direkt hintereinander stehen, beim Draufzugehen sehen sie aus wie eine düstere Klamm im Gebirge, diffuses Licht fällt schräg ein. Ein Unort, von dem es auf der Oesterheidestraße noch eine Zwillingsausgabe gibt, davon gleich mehr.

Ab und zu ein Auto

Irgendwie, man weiß selbst nicht wie, wird einem beim Durchschreiten der Tunnelfluchten mulmig, obschon niemand sonst unterwegs ist und auch nur in großen Zeitabständen mal ein Auto durchfährt. Vielleicht gerade deshalb? Wie müssen die Leute empfunden haben, zumal abends, für die die Oesterheide der Arbeitsweg war, ganz früher zur Zeche Bruchstraße, später zum Opelwerk II und III? Haben sie das unbehagliche Gefühl verdrängt. Oder gar nicht mehr wahrgenommen?

Der Parkplatz hinter dem alten Opelwerk hat seine besten Jahre hinter sich.
Der Parkplatz hinter dem alten Opelwerk hat seine besten Jahre hinter sich. © JBS

Nach den Tunneln erreicht man bald die Rückseite des alten Opelwerks III, heute Ersatzteillager. Der große Parkplatz ist noch da, hat aber seine besten Zeiten hinter sich. Das Pflaster ist rissig, überall sprießt Unkraut. Müll liegt herum, ein einsamer Plastikstuhl hält an der Straßenbiegung Wacht. Die Straßenbiegung ist eng, auf der Straßendecke sind überall Schlaglöcher.

Kamin ragt empor

Der hohe, rostrote Kamin und die Hallen des ehemaligen Autowerks ragen abweisend empor. Es ist still, nur Vogelgezwitscher ist zu hören. Aber immer wieder auch das Brausen der fünf, sechs Meter neben der Straße vorbei rauschenden Züge. Doch auch an dieser entlegenen Stelle der Stadt wohnen Menschen. Zweigeschossige, geräumige Häuser säumen die Straße, es sind die einzigen auf der ganzen Oesterheide.

Treppenstufen in der Mauer

Weiter geht es, wieder eine Kurve, hoch oben verläuft der Bahndamm, dann folgt erneut eine Flucht von vier Unterführungen, ebenso düster, ebenso vollgeschmiert mit Graffiti und ebenso unheimlich wie eben am oberen Ende der Straße. Tatsächlich durchläuft die Oesterheidestraße zweimal dieselben Anlagen der Bahnstrecken, von und zu der es früher noch weitere Verbindungs- und Anschlussgleise an die Zechen und Werke gab. Die Tunnel sehen aus wie schwarze Löcher und sind, zumal wenn man zu Fuß unterwegs ist, gewiss keine einladenden Orte. Die Schritte hallen von den Wänden wider, weiter hinten sind Passanten mit Hunden zu erkennen. Sonst nichts.

Aufregendes Panorama

An den Tunnelwänden führen Treppenstufen in der Mauer nach oben, hoch zu den Gleisen. Wer sie erklimmt, steht inmitten der Schienenwege - ein so ungewöhnliches wie aufregendes Panorama.

Direkt hinter der Häuserzeile an der Oesterheidestraße führt die Bahnlinie vorbei.
Direkt hinter der Häuserzeile an der Oesterheidestraße führt die Bahnlinie vorbei. © JBS

Nach den Unterführungen kommen nun bald schon die alten Gemäuer des Hauses Langendreer in Sicht, schließlich ist der Straßenabzweig am Leithenhaus erreicht. Hier ist die Oesterheidestraße zu Ende, jedenfalls auf ihrem befahrbaren Teil. Als grüner Pfad führt sie am Hessenteich vorbei, um in Höhe der Einmündung Grabelohstraße schließlich wieder auf die Oberstraße zu stoßen.

Gruselig bei Nacht

Hier endet unser Spaziergang, der die Augen öffnete für eine Ecke von Langendreer, die man gemeinhin nicht allzu oft wahrnimmt. Weil man hier nicht so ohne weiteres vorbeikommt.

Es war ein bisschen unheimlich, aber nicht wirklich gruselig. Dafür müsste man wohl eine Nachtwanderung durch die Oesterheide machen.