Bochum. Der Bau am Bochumer Schwanenmarkt gammelt seit Jahrzehnten vor sich hin. Dem will die Evangelische Hochschule nicht länger zusehen.

Jeder in Bochum kennt die Ecke Castroper Straße/Nordring, auch als „Schwanenmarkt“ bekannt. Seit Jahren gammelt hier, unmittelbar an der Eisenbahnbrücke, die alte Bedürfnisanstalt samt angeschlossenem Kiosk vor sich hin. Nun ist Abhilfe in Sicht. Kultur und Bildung sollen dort einziehen, wenn auch nur für eine Weile..

Aufenthaltsqualität hat gelitten

Im Juni legte die Stadt ein neues Förderprogramm vor, das Hauseigentümern helfen soll, heruntergekommene Immobilien zu sanieren. Gut und schön, doch auch städtische Gebäude hätten eine Aufwertung dringend nötig, mahnte daraufhin die CDU. Als Beispiel führen die Christdemokraten die gammelige Toilettenanlage am Schwanenmarkt an. „Dieses Stadtviertel war früher ein lebendiges, mit enormem Fußgänger-Durchgangsverkehr. Dann wurde die Straßenbahn unter die Erde gelegt. Heute wirkt dort alles wie ausgestorben, die Aufenthaltsqualität hat enorm gelitten durch das verkommende Toilettenhaus“, beklagt Roland Mitschke, stellv. CDU-Fraktionsvorsitzender.

Im Besitz der Stadt

Stichwort: „Tapetenwechsel“

„Tapetenwechsel“ ist eine Aktion vom Bochumer Marketing im Rahmen der Bochum Strategie 2030; es geht um die zeitweilige Neu- und Umnutzung von leerstehenden Ladenlokale in der Innenstadt.

Sie werden für eine Übergangszeit zu Kulturräumen für Kreative, die sich so der Öffentlichkeit präsentieren können. Beispielhaft standen in jüngster Zeit die Umwidmung des Restaurants „Uhle“ zur „Kultur-Uhle“ oder die James-Bond-Ausstellung in einem Ladenlokal auf der Kortumstraße.

Angelegt ist das Ganze auf drei Jahre von 2018 bis 2020. Das Projekt „Kulturräume als Experimentierfeld des urbanen Wandels“ wird mit Blick auf die Attraktivierung der Innenstadt aber langfristig gesehen.

Tatsächlich war der „Schwanenmarkt“ bis in die 1980er Jahre hinein eine wichtige Straßenbahnhaltestelle. Die Linien 8/18 von Gerthe und die 7/17 von Harpen endeten hier ab 1908; später bogen sie hier ab, da die Linien bis in die Innenstadt weitergeführt wurden. Die Trinkhalle nebst WC, beide ehemals stark frequentiert, steht seit gefühlten 20 Jahren leer und verfällt. Das Gebäude ist im Besitz der Stadt Bochum.

EvH wirkt in die Stadt hinein

Der „Schandfleck“ fiel längst auch andernorts auf – Professorin Helene Skladny von der Evangelischen Hochschule und die EvH-Lehrbeauftragten und Künstler Matthias Schamp und Stephan Strsembski hatten schon vor drei Monaten ein Auge auf das Häuschen an der Brücke geworfen. Ihre Idee: Aus dem „alten Kabachel“ eine Lehr- und Begegnungsstätte zu machen, mit der Kunst als Klammer. „Mit meinem Lehrbereich Ästhetische Bildung bin ich immer wieder ,in die Stadt gegangen’“, sagt Skladny, und erinnert etwa an die höchst erfolgreiche „Sammeln“-Ausstellung, die sie und ihre Studierenden gemeinsam mit den Bochumer Bürgern im Kunstmuseum realisierte.

Klohäuschen als „Torhaus“

Nun wünsche sie sich, mit der EvH auch ,in der Stadt zu sein’. Mit dem WC-Häuschen könnte das gelingen. „Wir wollen hier Seminare abhalten, Kunstaktionen anbieten, mit den Bürgern ins Gespräch kommen“, sagt Schamp. Für ihn ist das Objekt etwas Besonderes, „ein Torhaus, das zu vielen wichtigen Bochumer Institutionen führt“. Recht hat er, denn nicht nur der historische Nordbahnhof und das Kunstmuseum befindet sich in der Nähe, sondern – die Castroper Straße hoch – auch die Synagoge, das Finanzamt, das Planetarium, das Ruhrstadion und – der Knast „Krümmede“.

Bevor es im Herbstsemester los gehen kann, braucht das von der Stadt mietfrei überlassene Haus eine bauliche Ertüchtigung. Nun kommt Bochum Marketing ins Spiel.

Eigenleistung gefragt

Das halbstädtische Unternehmen ist mit seinem „Tapetenwechsel“-Programm eingebunden, mit dem Leerstände künstlerisch aufgewertet werden. Fördergelder sind zusätzlich beantragt, auch Eigenleistung der Studierenden wird abgerufen. Als erstes soll der Raum des alten Kiosk/Imbissstube hergerichtet werden.

Zunächst für ein Jahr

Wie lange das Ganze währen kann, hängt auch davon ab, was die Stadt überhaupt mit ihrer Immobilie vorhat. Abriss oder Erhalt, das steht dahin. Zunächst rechnen die Macher am Schwanenmarkt mit einem Jahr Laufzeit für ihr ambitioniertes Vorhaben.