Bochum. Die Hauptverkehrsstraßen in Bochum sollen auf eine Spur verkleinert werden, um ausreichend Radwege anzulegen. Das fordert das Bündnis Radwende.
Die zentralen Hauptverkehrsstraßen in Bochum sollen mittelfristig nur noch einspurig für Autos befahrbar sein. So soll Platz für neue und ausreichend breite Radwege geschaffen werden. Das ist eine Forderung des Bündnisses „Radwende Bochum“, das sich zum Ziel gesetzt hat, die Stadt fahrradfreundlicher zu machen.
Zwar habe in Politik und Verwaltung inzwischen ein Umdenken eingesetzt. Die Verkehrspolitik sei nicht mehr allein auf das Auto fokussiert, sondern habe zunehmend auch das Rad auf der Rechnung, konstatiert „Radwende“-Sprecher Martin Krämer. Der Klimaschutz dulde jedoch keinen weiteren Aufschub. „Es reicht nicht, Radwege nur dann zu planen, wenn eine Straße sowieso erneuert werden muss. Das kann mitunter noch zehn Jahre dauern“, so Krämer.
Radialen könnten schnell fahrradfreundlicher werden
Jetzt müsse gehandelt werden. Das sei auf den Einfahrtsstraßen in die Innenstadt („Radialen“) besonders geboten. Schnell umsetzbar sei es zudem. Es genüge, die Fahrspuren für den motorisierten Verkehr von zwei auf eine zu reduzieren. Krämer: „Das geht ohne große Baumaßnahmen. Oft genügen schon Markierungen.“ Eine Seite der Fahrbahn gehöre dann den Radfahrern.
Wie groß der Handlungsbedarf gerade auf den Radialen ist, wollen die Aktiven der „Radwende“ bei regelmäßigen „Mängeltouren“ aufzeigen und dokumentieren. Am Freitagabend waren zwei Dutzend Radler u.a. auf der Viktoriastraße unterwegs. Hier wie auch auf der Königsallee, Alleestraße, Castroper-, Wittener- und Dorstener Straße sei die Situation für Radfahrer nach wie vor schlecht. „Radwege enden im Nichts oder auf dem Gehweg, sind durch Wurzeln beschädigt oder regelmäßig zugeparkt. Auf der Viktoriastraße steht ein Trafohäuschen mitten im Wege. Und der neue Übergang zum Musikforum ist nur für Fußgänger ausgelegt“, schildert Klaus Kuliga, ehemaliger ADFC-Vorsitzender und einer der engagiertesten Mitstreiter bei der „Radwende“.
Pinselstriche auf Gehwegen reichen nicht
Stichwort Fußgänger: Die dürften als schwächste Gruppe unter einer Rad-Offensive keinesfalls leiden, betont das Bündnis. Auf Gehwegen einfach einen Radweg aufpinseln: Damit mache es sich die Stadt zu einfach. Gefährlich sei es obendrein.
Eine wirkliche „Radwende“ müsse nachhaltiger und konsequenter gestaltet werden. Neben der Verkleinerung der Hauptstraßen auf eine Spur fordern die Aktivisten dabei auch Tempo 30 auf dem Innenstadtring, die Erhöhung der Parkgebühren und eine deutliche Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs mit engeren Taktungen bei Bus und Bahn.
Bürgerkonferenz gibt Rückenwind
Ein „Weiter wie bisher“ dürfe es nicht geben, so das Bündnis und erinnert an den „Klimanotstand“, den jüngst der Rat für Bochum ausgerufen hat. Mehr und bessere Radwege müssten her. Rückenwind erkennt die „Radwende“ in den Ergebnissen der letzten Bürgerkonferenz im Mai bei der Bogestra. 329 Bochumer nahmen teil. 87 Prozent könnten sich einen Umstieg vom Auto aufs Fahrrad (22 Prozent) oder den öffentlichen Nahverkehr vorstellen, wenn die Bedingungen besser wären. Damit könnten nach Berechnungen der Stadt 62 Prozent der jährlich 330.000 Tonnen CO2-Belastung in Bochum eingespart werden.
Mit der Forderung nach dem Wegfall einer Fahrspur dürfte das Bündnis auf Protest stoßen. Schon 2015 kam es im Zuge der Diskussion um einen möglichen Rückbau der Königsallee von vier auf zwei Fahrstreifen im Bereich zwischen Hattinger- und Wohlfahrtstraße zu scharfer Kritik u.a. der CDU. Bochums wichtigste Hauptstraßen seien eine „Lebensader für die Wirtschaft“, hieß es damals. Verbesserungen zu Gunsten von Fußgängern und Radfahrern dürften nicht zu Lasten des Individualverkehrs und des ÖPNV erfolgen.