Bochum. Der präparierte Braunbär „Max“ wird Teil der Schau „Mensch und Tier im Revier“ im Ruhr Museum. Einst war er die Attraktion im Bochumer Tierpark.
Wenn die Aufzugstür aufspringt und ein Braunbär in der Kabine hockt, dann kommt das nicht alle Tage vor. Im Ruhr Museum war es jetzt soweit: Ein Exemplar der Gattung „Ursus brunneis“ hatte es sich in dem Lift bequem gemacht, der ihn zur 4. Etage hochhieven sollte. Zum Glück für die Museumsmitarbeiter war es aber kein lebender Bär, sondern nur ein ausgestopfter. Eben jener „Max“, der bis 2003 kleine und große Besucher im Bochumer Tierpark erfreut hatte.
Hingucker im Stadtarchiv
Nachdem „Max“ vor 16 Jahren wegen eines Rückenleidens eingeschläfert werden musste, war er ausgestopft worden und kam ins Stadtarchiv. Dort ist der Prachtkerl – 1,10 m hoch, 1,20 m breit, 45 Kilo schwer – ein veritabler Hingucker. Großeltern erzählen ihren Enkeln beim Besuch der Dauerausstellung „107 Bochumer Sachen“ von dem Bären, und wie sie ihn einst im Tierpark lieb gewonnen hatten.
Und nicht nur sie. Tatsächlich gehörte „Max“, der 30 Jahre im Bochumer Zoo lebte, zu den bekanntesten Tier-Individuen des Ruhrgebiets – nach der indischen Elefantenkuh „Birma“, die von 1949 bis 1981 im Gelsenkirchener Ruhr-Zoo lebte. „Er war eine Markenzeichen, so wie Knut, der Eisbär, für den Berliner Zoo“, weiß Ulrike Stottrop, Chef-Kuratorin der Ausstellung „Mensch und Tier im Revier“, die ab 8. Juli im Ruhr Museum auf Zeche Zollverein zu sehen sein wird.
Kontakt zur Präparatorenschule
Sie steht seit Jahren im Austausch mit der Präparatorenschule am Bochumer Walter-Gropius-Berufskolleg, dort war der Bär einst ausgestopft worden, und so erfuhr sie überhaupt von ihm. Auch gibt’s in Essen eine weitere Kuratorin, Dr. Reinhild Stephan-Maaser, die „Max“ noch „persönlich“ gekannt hat, ihn also noch lebend im Tierpark erlebt hat. Schnell war klar, dass der Gute Teil der Sonderausstellung werden müsste.
Von der Mutter verstoßen
In der Bärenschlucht im Tierpark/Stadtpark war „Max“ 1976 geboren worden. Direktor Eduard Stirnberg zog ihn mit der Flasche auf, da die Mutter ihr Junges nicht annahm. Durch die Handaufzucht entstand eine enge Bindung zwischen Mensch und Tier, die in der Presse großes Interesse fand.
Acht Junge geboren
Das auf den Menschen geprägte Jungtier wurde später im Allwetterzoo Münster an andere Bären gewöhnt und kehrte dann mit der Kodiakbärin „Teddy“ nach Bochum zurück. Hier zeugte das brummende Paar in sechs Jahren acht Junge, bevor „Teddy“ zur weiteren Zucht nach Rostock umzog. Und „Max“ mit der Bärin „Nadja“ aus dem Tierpark Stendal eine neue Partnerin erhielt.
Blick in die Bärenschlucht
Ältere Bochumer/innen erinnern sich mit Freuden an die beiden rustikalen Pelzträger, die am (alten) Zoo-Eingang untergebracht waren. Der später mit einer Glaswand geschützte Blick in die „Bärenschlucht“ war ebenso spektakulär wie das Wolfsgehege, das es damals noch im Bochumer Zoo gab. Nachdem „Max“ wegen seines Wirbelsäulenschadens eingeschläfert worden und kurz darauf auch „Nadja“ in den Wildpark Willingen abgegeben wurde, entschloss man sich, in Bochum die Bärenhaltung aufzugeben.
Zu geringe Größe
Obwohl die eher trist erscheinende Betonanlage des Bochumer Tierparks noch den Richtlinien entsprach, dürfte ihre geringe Größe letztlich zu dieser Entscheidung beigetragen haben. Den Bären-Kadaver übernahm die Präparatorenschule; aus Bärenfell, Dermoplastik und Kunststoff entstand schließlich die lebensechte Bärenskulptur, sie wurde 2004 fertig gestellt.
Infos zur Ausstellung
Dem Thema „Mensch und Tier im Revier“ widmet das Ruhr Museum auf Zeche Zollverein in Essen, Gelsenkirchener Straße 181, ab Montag, 8. Juli, eine kulturhistorische Ausstellung. Gezeigt werden mehr als 100 Objekte. Darunter sind eine Pfeilspitze aus der Steinzeit oder ein „Ehrenpreis für das beste Euter“ für Ziegenzüchter.
Das Verhältnis von Mensch und Tier spielt im Ruhrgebiet seit je eine zentrale Rolle; so wurden Tiere in der ehemals größten Industrieregion Europas als Arbeitstiere unter und über Tage eingesetzt. Andere wurden in Vereinen gezüchtet oder dienten als Nahrung. Auch Tiere in Zoos sind Thema. Die Ausstellung will auch zum Nachdenken anregen über Massentierhaltung und die Zerstörung natürlicher Lebensräume.
Die Schau ist bis zum 25. Februar 2020 zu sehen. Öffnungszeiten: Montag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr, Eintritt 7/erm. 4 Euro.
Übrigens wurde „Max“ damals ganz individuell präpariert, denn die Sitzposition war eine seiner bevorzugten Haltungen. Auch während des Transports im Aufzug des Ruhrmuseums gab er die typische Hocke nicht auf. Behutsam brachte man den mächtigen „Max“ schließlich per Karre und Handtransport an seinen vorbestimmten Platz in der Ausstellung auf Zeche Zollverein. Dort angelangt, wurde er auch noch gebürstet, schließlich soll er schick ausstehen und jedes Haar sitzen.
Gut versichert
Dass der Bochumer Braunbär nicht nur einen ideellen, sondern auch einen finanziellen Wert hat, dürfte klar sein: die Versicherungssumme für die tierische Leihgabe beläuft sich auf 3000 Euro.