Am Samstag feiert Shakespeares berühmter Dänenprinz große Rückkehr im Schauspielhaus. Die WAZ blickt auf einige bewegende Aufführungen zurück.
Jetzt gibt es also wieder den Hamlet – und das ist gut so. Kaum eine Figur der Theatergeschichte hat das Bühnengeschehen im Schauspielhaus in den letzten Jahrzehnten stärker beeinflusst als Shakespeares legendärer Prinz von Dänemark. Beinahe jede Intendanz kann nicht ohne Stolz auf „ihren“ Hamlet zurückblicken.
Bevor Intendant Johan Simons bei der mit Spannung erwarteten Premiere am Samstag (15.) mit Sandra Hüller erstmals eine Frau die Titelrolle spielen lässt, lassen wir den Blick noch einmal zurück schweifen: auf die Hamlets der vergangenen Dekaden.
Der Werkgetreue
An seine erste Hamlet-Inszenierung erinnert sich Theaterexperte Hans Joachim Salmen, der heute Vorsitzender des Freundeskreises am Schauspielhaus ist, ganz genau. Im Jahr 1970 zur Zeit von Hans Schalla brachte Regisseur Gerd Heinz den Klassiker auf die Bühne. Die Hauptrolle spielte Detlef Jacobsen, einst ein Publikumsliebling am Haus. „Und genauso spielte er auch den Hamlet“, erinnert sich Salmen. „Das war relativ braves, gediegenes Abonnenten-Theater.“
Der Unvergessene
Diesen Hamlet wird niemand mehr vergessen, der damals dabei war: Intendant Peter Zadek inszenierte die Tragödie 1977 nicht im Schauspielhaus, sondern in einer Fabrikhalle an der Haldenstraße, die viele Jahre später abbrannte. Das Theater raus in die Stadt zu bringen, war eine von Zadeks Lieblingsthemen: zuvor zeigt er bereits „König Lear“ im Union-Kino. Die Besetzung war absolut erlesen: Ilse Ritter war Ophelia, Eva Mattes war die Königin, Hermann Lause gab den Claudius – und als tragischer Prinz gelang dem damals 40-jährigen Ulrich Wildgruber ein Paukenschlag – zitternd, bebend und von Ängsten gehetzt tobte er über die Bühne. Dabei war Zadeks Hamlet auch ein Spiel der leisen Töne: „Die Figuren wurden in all ihrer Brüchigkeit gezeigt“, erinnert sich Salmen. „Und die ganze Atmosphäre in dieser Halle war einzigartig. Der Saal war so klein, dass man beinahe zwangsläufig mittendrin im Geschehen saß.“
Der Nachdenkliche
Knapp 20 Jahre brauchte es danach, bis erneut ein Hamlet die Bühne bevölkerte. Frank-Patrick Steckel schenkte den Zuschauern zu seinem Abschied 1995 die volle Dröhnung: in eigener Übersetzung ungekürzt (!) auf einer opulenten Spiellänge von sieben Stunden inklusive zweier Pausen. Die Titelrolle gab der damals frisch von der Schauspielschule kommende Martin Feifel – ein riesiges Talent, das dem Theater danach leider den Rücken kehrte und heute mehrheitlich in Krimis und Vorabendserien auftaucht. Seinem Hamlet verlieh Feifel einen nachdenklichen, zaudernden Anstrich.
Der Rasende
Mit einem schönen Wildgruber-Zitat adelte Dimitrij Schaad die jüngste Hamlet-Inszenierung am Schauspielhaus – 2013 von Jan Klata auf die Bühne gebracht. In einer Szene trug er eine Kopie des legendären roten Kostüms mit Sonnenblume. Die Zuschauer sahen einen Starkstrom-Shakespeare, mit einem „grellen, überrumpelnden Mix aus Aktion, Lautstärke und grotesken Momenten, der oft bis an die Schmerzgrenze ging“, so merkte es die WAZ an.