Laer. . Die jesidische Gemeinde startet ein Frauencafé mit Kinderbetreuung – ausdrücklich auch für Frauen anderer Nationalitäten. Ziel ist Integration.
Dutzende Kinder stehen hibbelig und mit großen Augen vor einer verschlossenen Tür in der jesidischen Gemeinde in Laer. Endlich gibt Sehmus Toku das Startzeichen, dann ist kein Halten mehr: Miran (6), Barin (7), Lorin (4) und jede Menge weitere Kinder stürmen das neue Spielzimmer. Kinderküche, Bälle, Brettspiele, Autos und ein Zelt – allerhand gibt es zu entdecken.
Kindern wird die Kultur vermittelt
Die Mütter im Nebenraum sind gleich doppelt zufrieden: Ihre Kinder haben Spaß und sie selbst Zeit zum Austausch. Bei duftendem Fladenbrot mit Käse, Börek und weiteren kurdischen Spezialitäten berichtet Felek Toku: „Ein Frauencafé gibt es schon seit zwei Jahren, aber viele konnten nicht kommen, weil ihre Kinder in der Zeit betreut werden müssen.“ Deshalb habe man sich entschlossen, parallel zum Frauencafé eine Kinderbetreuung anzubieten. „Wir quatschen und sitzen nett beisammen. Es geht um alle möglichen Themen, von Kultur bis Kindergarten“, sagt Sevi Aran, die gemeinsam mit Felek Toku den Treff organisiert.
Sohn wächst zweisprachig auf
Maia Tokus Sohn Milan ist erst sieben Monate alt. Sie sagt: „Ohne die Betreuungsmöglichkeit könnte ich nicht kommen. Hier in der Gemeinde vermitteln wir den Kindern unsere Kultur.“ Ihr Sohn wachse zweisprachig auf, durch den gemeinsamen Glauben fühle man sich den anderen Jesiden direkt verbunden.
„Wir feiern gemeinsam Feste wie Îda Êzî, ich lerne hier immer neue Kinder kennen“, sagt Azdhar (14), während sie mit anderen Kindern Karten spielt. Auch typische Symbole des Jesidentums finden sich in den Gemeinderäumlichkeiten: Der Pfau „Tausî Melek“ hängt ebenso an der Wand wie Fotos aus den ursprünglichen Heimatländern der Gemeindemitglieder.
2000 Euro fließen über den Stadtumbau
Etwas zur Historie: Das Jesidentum ist eine uralte monotheistische Religion mit Elementen aus westiranischen, altmesopotamischen Religionen sowie aus Judentum, Christentum und Islam. Bei uns in Deutschland werden die Jesiden, die in ihren Herkunftsländern häufig verfolgt werden, seit Beginn der 1990er Jahre als Gruppenflüchtlinge anerkannt.
Das Frauencafé wurde mit 2000 Euro für die Ausstattung des Spielzimmers über den Stadtumbau Laer gefördert.
Der Treff findet am ersten Sonntag jeden Monats von 11 bis 14 Uhr im Haus der Ezidischen Gemeinde, Alte Wittener Straße 13, statt. Weitere Informationen gibt es bei Felek Toku unter Tel. 0234/ 58 88 74 71.
Tolerante Religionsgemeinschaft
Irfan Ortac, Vorsitzender des Zentralrates der Jesiden, betont: „Bochum ist eine der aktivsten Gemeinden in Deutschland. Ihr seid landesweites Vorbild, weil ihr euch humanitär für Flüchtlinge einsetzt, egal welcher Religion.“ Zu den regelmäßigen Besuchern des Frauentreffs zählen auch eine Reihe geflüchteter Menschen. Ausdrücklich betonen die Gemeindemitglieder deshalb: „Wir sind eine tolerante Religionsgemeinschaft, unser Treff richtet sich an Frauen aller Nationalitäten und Kulturen.“ Sehmus Toku ergänzt: „Wir haben mehr als 50 Mitglieder, unsere Reichweite im Ruhrgebiet ist aber noch weitaus größer. Wir wollen dieses Netzwerk positiv nutzen: Für Austausch, Integration und ein friedliches Miteinander.“