Bochum. . Die Internet-Plattform lockt mit Schnäppchen. Beschwerden bei der Verbraucherzentrale häufen sich. Nutzer sollten vorm Einkauf die Risiken kennen

Ein Smartphone kostet keine 30 Euro, eine Smartwatch nur 20, gute Kopfhörer fünf. Mit solchen Schnäppchenpreisen, auch bei Bekleidung, lockt die Einkaufs-App Wish – und das erfolgreich. Nach eigenen Angaben hat Wish weltweit mehr als 300 Millionen Nutzer. Das Versprechen, dass viele Waren zwischen 60 und 90 Prozent günstiger sind als im Einzelhandel, ist auch für Bochumer attraktiv. Zudem gibt es kostenlose Angebote, bei denen die Käufer nur die Versandkosten tragen.

Die Verbraucherzentrale Bochum warnt jetzt vor dieser Einkaufs-App. „Angebliche Schnapper können Verbraucher teuer zu stehen kommen“, sagt die neue Beraterin Marina Steiner, die diese App dienstlich seit gut zwei Jahren kennt. Inzwischen häufen sich die Beschwerden im Ruhrgebiet, auch in Bochum gibt es nun einige Fälle.

Das Unternehmen aus Kalifornien ist nur Vermittler

Die Crux: Wish ist kein typischer Online-Shop, das Unternehmen aus Kalifornien kauft und verkauft nicht selbst die auf der Plattform angebotenen Produkte, es tritt lediglich als Vermittler auf. „Die richtigen Verkäufer sitzen oft in China“, sagt Marina Steiner.

Deshalb könnten Versand- und Zollgebühren sowie Steuern den Gesamtwert deutlich erhöhen. Allerdings erfahre ein Verbraucher oft gar nicht, wer überhaupt der tatsächliche Verkäufer ist. Dies sei ein großes Problem, weil man sich für die Gewährleistung an den Verkäufer wenden muss.

Marina Steiner von der Verbraucherzentrale warnt vor dem Gebrauch der Einkaufs - App
Marina Steiner von der Verbraucherzentrale warnt vor dem Gebrauch der Einkaufs - App "Wish". © Ingo Otto

Und Reklamationen kommen laut Marina Steiner häufig vor. „Teilweise wird wirkliche Ramschware verschickt“ oder die Ware sei defekt oder komme erst gar nicht an. Allerdings bestraft Wish Reklamationen, indem es dem Benutzerkonto einen „schlechten Ruf“ verpasst. Solch abgewertete Konten können den Kundenservice teils gar nicht mehr kontaktieren und keine Rückerstattungen mehr beantragen. Dies ist laut Wish „eine Schutzmaßnahme, damit die Kunden nicht zu Unrecht von unseren Rückerstattungsrichtlinien profitieren“. Um wieder alle Funktionen des Kontos nutzen zu können, muss man den Ruf verbessern – durch neue Bestellungen.

Inkassobüros schnell eingeschaltet

Die Beraterin warnt zudem vor einer weiteren Problemquelle, die schnell sehr teuer werden kann. Lange Lieferzeiten, teils über Monate, gehören oft zu Bestellungen aus Asien dazu. Während ein Kunde noch auf sein Paket wartet, flattert bereits die erste Mahnung ins Haus. Die Rechnungen schreibt jedoch nicht Wish, sondern der Rechnungsdienstleister Klarna, zunächst per Mail. Diese Geschäftsbeziehung kennen aber viele Verbraucher nicht, halten das Schreiben für Spam und ignorieren es. „Wer nicht reagiert, bekommt ganz schnell Post von einem Inkasso-Unternehmen“, so Steiner. Dies sei auch der Zeitpunkt, an dem die meisten Menschen sich an die Verbraucherzentrale wenden.

Steiner und die Verbraucherzentrale halten die Wish-App für rechtswidrig, insbesondere weil der Verbraucher bei einem Kauf über die Plattform seinen Vertragspartner nicht kennt. Auch dass bei defekter oder nicht gelieferter Ware kaum jemand einen Anwalt einschalte, gehöre „gegebenenfalls zum Geschäftsmodell“. Denn gerade junge Bochumer mit wenig Taschengeld oder kleinem Azubi-Lohn sowie arme Familien nutzen die Einkaufs-App für vermeintliche Schnäppchen, die sie sich bei vollem Preis nicht leisten könnten. Hinzu kommt: „Bei der Rechtsdurchsetzung gibt es so große Hürden und hohe Kosten, das lohnt sich nicht.“ Daher vermutet Marina Steiner auch, dass die Dunkelziffer der Betroffenen in Bochum und dem restlichen Revier sehr hoch ist.

Einen Boykott der Einkaufs-App befürwortet Marina Steiner jedoch nicht. „Man sollte aber alle Risiken kennen und sich gut überlegen, ob man sie bei einer Bestellung eingehen will und vielleicht sogar sein Geld abschreiben muss.“ Aber angesichts der Angebote scheinen immer mehr Bochumer diese Risiken in Kauf zu nehmen – denn bei der Verbraucherzentrale häufen sich die Beschwerden über Wish. Die neue Beraterin Marina Steiner will Betroffenen aber Mut machen: „Wir sind kampfbereit.“

>>> Wish musste AGB ins Deutsche übersetzen

Die Wahlbochumerin Marina Steiner (59) ist studierte Ökotrophologin und arbeitet seit mehr als 30 Jahren für die Verbraucherzentrale NRW, zuletzt als Leiterin der Duisburger Beratungsstelle. Neuerdings verstärkt sie nun die Bochumer Kollegen.

Erste Beschwerden über die Einkaufs-App Wish bearbeitete sie bereits vor gut zwei Jahren.

Die Verbraucherzentrale hat Wish erfolgreich verklagt und erwirkt, dass das amerikanische Unternehmen sein Impressum ergänzen und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ins Deutsche übersetzen musste.

Weitere Informationen zur App Wish gibt bei der Verbraucherzentrale und online auf
www.verbraucherzentrale.de