Gelsenkirchen-Altstadt. . Expertinnen der Verbraucherzentrale warnen vor den Kostenfallen der Geldeintreiber. Empfehlung: Nicht jede Forderung akzeptieren und bezahlen.
Manchmal beginnt es mit einem Zahlendreher bei der Überweisung, mit einer zurückgewiesenen Lastschrift, weil das Konto nicht gedeckt war oder mit einer Rechnung, die verspätet zugestellt wurde. Wer nicht rechtzeitig zahlt, riskiert, Post von einem Inkassobüro zu bekommen. Die Verbraucherzentrale NRW warnt davor, diese Geldforderungen ungeprüft zu begleichen oder vorschnell Ratenvereinbarungen zu unterzeichnen, denn beide seien oft Kostenfallen.
„Das Inkassowesen hat sich mittlerweile zu einem blühenden Wirtschaftszweig entwickelt“, sagt Barbara Wendland von der Gelsenkirchener Verbraucherzentrale. Die Inkassogebühren seien oft schon ab der ersten Mahnung sehr hoch, sie würden die ursprüngliche Rechnung deutlich übersteigen, außerdem „wird massiver Druck aufgebaut“.
Damit meint Wendland keine Schläger, die Knochen brechen. Aber es gebe durchaus Unternehmen, die schon mit der ersten Zahlungserinnerung eine Kontopfändung erwähnen, ebenso die Insolvenz oder sogar einen Haftbefehl. „Das ist natürlich völlig überzogen“, sagt Wendland, doch das Inkassowesen sei noch kaum gerichtlich geregelt, und es sei schwer zu entscheiden, was im Einzelfall als Drohung gilt und was als Information.
Kostenträchtige Stolperfallen
Unangekündigte Hausbesuche muss jedoch niemand hinnehmen und keinen Geldeintreiber ins Haus lassen. Auch ausdauernde Anrufe muss sich niemand gefallen lassen. „Die Drohkulisse hat aber Methode“, ergänzt Astrid Simon, die wie ihre Kollegin für die Insolvenz- und Schuldnerberatung zuständig ist.
So habe eine Untersuchung der Verbraucherzentrale NRW, an der sich auch die Gelsenkirchener Zweigstelle beteiligt hat, jüngst ergeben, dass Inkassounternehmen beim Schuldeneintreiben gerne viele kostenträchtige Stolperfallen für die Verbraucher einbauen.
Die beiden Beraterinnen empfehlen daher, „die Forderungen zu prüfen und nicht einfach draufloszuzahlen“. Zunächst solle man sicherstellen, wofür überhaupt gezahlt werden soll. Wer ist der Gläubiger? Gibt es einen Vertrag und wurde das Geld nicht vielleicht bereits überwiesen? Zudem dürfen in Deutschland nur Inkassounternehmen Geld eintreiben, die offiziell registriert sind.
Keine festen Regeln über die Höhe der Bearbeitungskostendes Inkassobüros
Nachdem die Forderung überprüft wurde, sollte man sich die Kosten ganz genau anschauen. „Es gibt keine festen Regeln, wie hoch die Kosten eines Inkassobüros sein dürfen“, sagt Astrid Simon, doch die Firmen orientieren sich für ihre Gebühren am Vergütungsgesetz für Rechtsanwälte. Dort berechnen sich die Kosten nicht nur nach dem Streitwert, sondern nach auch nach dem Arbeitsaufwand. „Inkassounternehmen setzen immer einen hohen Aufwand an“, so Simon, dabei seien die meisten Mahnungen lediglich Massenbriefe. Dass aus einer EC-Kartenzahlung für gut vier Euro, die wegen eines ungedeckten Kontos zurückging, direkt eine Inkasso-Forderung von über 100 Euro wird, sei „längst kein Einzel- oder Extremfall“, warnen die beiden Beraterinnen.
Betroffene werden oftmals ausgefragt
Große Kostenfallen seien außerdem Ratenvereinbarungen. „Sie sind fast immer nachteilig für die Verbraucher“, sagt die Juristin Barbara Wendland. So sehen die meisten Vorschläge vor, erklärt sie, dass man die Gesamtforderung samt Gebühren anerkennt, dass auch ohne Gerichtsbeschluss das Einkommen gepfändet werden kann und dass man auf die Verjährungsfrist sowie andere Rechte verzichtet. Zudem erfragen die Firmen den Arbeitgeber, Kontodaten und Vermögensstand. „Ein Laie kann die Schreiben der Inkassobüros nicht verstehen und die Tragweite der Ratenvereinbarungen gar nicht ermessen“, sagt Astrid Simon. „Niemand sollte dem Druck nachgeben und deswegen vielleicht die Miete oder den Strom nicht bezahlen.“
Das Geschäftsgebaren der Inkassobüros sei kein Betrug, betont Barbara Wendland, aber sie würden ihre Grenzen austesten – zum Nachteil der Verbraucher. Daher fordert die Verbraucherzentrale eine bessere Regulierung und setzt sich für Aufklärung ein. „Man muss nicht alles akzeptieren, sondern man kann sich auch wehren“, sagt Astrid Simon, und dabei hilft auch die Gelsenkirchener Zweigstelle.
>> Spezielles Beratungsangebot am 18. Oktober
Die Verbraucherzentrale untersuchte landesweit über 200 Zahlungserinnerungen aus ihren Fällen von Februar bis Mai 2018, darunter waren 45 Inkasso-Schreiben, deren Inhalte die Experten teils schwer kritisierten.
Ein kostenloses Beratungsangebot zum Thema Inkasso bieten Barbara Wendland und Astrid Simon am Donnerstag, 18. Oktober, von 10 bis 12 Uhr an, telefonisch unter 0209 157603-06 oder persönlich in der Zweigstelle (Luitpoldstraße 17).
Eine offene Sprechstunde der beiden Schuldner- und Insolvenzberaterinnen findet montags um 9 Uhr statt, am 15. Oktober, 5. und 12. November und am 3. und 17. Dezember. Infos: gelsenkirchen.insolvenz@verbraucherzentrale.de Weitere Auskünfte gibt es auch auf verbraucherzentrale.nrw/inkasso