Bochum. . Die Heinrich-Böll-Gesamtschule in Bochum hat einen Aktionstag gegen Gewalt ins Leben gerufen. Hintergrund sind zwei Gewalttaten im Schulumfeld.
Beschmierte Wände, Vandalismus auf der Schultoilette, Rangelei oder gar Kloppe auf dem Schulhof, Beleidigungen, Drohungen, Cybermobbing: Mit einem Projekttag „Tag gegen Gewalt“ hat die Heinrich-Böll-Gesamtschule am Mittwoch ein Zeichen für das konfliktfreie Lösen von Problemen und Streitigkeiten gesetzt.
Sämtliche 1354 Schüler machten mit und lernten in Workshops und Übungen, wie sie besser Zivilcourage zeigen können („Weggeschaut ist mitgemacht“) und wie sie Auseinandersetzungen schlichten oder aus dem Weg gehen können. „Wir versuchen zu vermitteln, Streit mit Worten zu lösen, mit friedlichen Worten“, sagt die Pädagogin Sevhan Onat-Seykan, die mit zwei weiteren Kräften in der Sozialarbeit der Schule tätig ist.
Messerattacke eines Schülers
Einer der Anlässe für den Projekttag war die Messerattacke eines Schülers dieser Schule im vergangenen März an der Schmechtingswiese wenige Meter vom Schulhof entfernt. Damals hatten sich in den Morgenstunden rund 20, teilweise bewaffnete Schüler verabredet, um einen Streit auszutragen, der sich zuvor in den sozialen Medien hochgeschaukelt hatte.
Bei der Schlägerei stach ein 16-jähriger Schüler einem Mitschüler (15) mit einem Messer vier Zentimeter tief in den hinteren Schulterbereich und verletzte ihn schwer. Das Opfer schleppte sich in die Schule, ein Lehrer holte Hilfe. Seitdem sitzt der Täter im Gefängnis. Zwei Jahre Jugendstrafe ohne Bewährung lautete im Oktober das Urteil des Landgerichts.
Straftäter geht auf die Schule
Außerdem geht zurzeit ein weiterer Schüler (17) auf diese Schule, der im Juli 2017 auf der Herner Straße an einer schweren Messerattacke mitgemacht hatte und dafür auch zu einer zweieinhalbjährigen Jugendhaftstrafe verurteilt wurde (noch nicht rechtskräftig). Mit ihm soll es jetzt aber keine Probleme geben, heißt es seitens der Schule.
„Es geht uns um Spielregeln in einer demokratischen Gesellschaft und deshalb auch um Gewaltfreiheit“, sagt Schulleiter Martin Breuer. „Unser Interesse als Schule muss sein, Gewalt erst gar nicht entstehen zu lassen. Wir müssen ein Bewusstsein dafür vermitteln, was Gewalt ist und wie sich Gewalt auswirkt.“
Cybermobbing ist ein Problem
Vor allem Cybermobbing unter Schülern wird zunehmend eine Herausforderung auch für Lehrer und Eltern. Solche Opfer, die sich nicht beschützt fühlen, sagt Breuer, könnten ihrem Leben sogar ein Ende bereiten. „Den meisten ist es nicht bewusst, dass das diese Konsequenzen haben kann.“ Allerdings behalten es einige Opfer für sich, dass sie gemobbt werden, weil es ihnen peinlich ist. „Wir erfahren davon viel zu spät.“
Training auch mit externen Fachkräften
Der „Tag gegen Gewalt“ geht auf einen Beschluss der Schulkonferenz im vergangenen Schuljahr zurück.
Im Programm standen auch ein „Anti-Rassismus-Training“ und ein „interkulturelles Training“. Das Training fand je nach Jahrgangsstufe altersgerecht statt.
Mitgemacht haben auch externe Fachkräfte etwa von der IFAK und von Pro Familia.
Der „Tag gegen Gewalt“ will den Schülern auch die Stärke vermitteln, sich zu öffnen - und es auch den Eltern, Lehren oder Sozialarbeitern zu melden, wenn sie wissen, dass andere auf Facebook, Instagram, WhatsApp oder Snapchat gehänselt und getriezt werden.
Manche Schüler sind „Mitmobber“
Das ist zum Beispiel der Fall, wenn jemand ein Foto eines Schüler ins Netz stellt, das ihn auf einer Party alkoholisiert in einer Ecke liegend zeigt. Manche Schüler seien dabei lediglich „Mitmobber”, wie es heißt. Motto: Wenn ich mitmache, bin ich nicht selbst Opfer.
„Der Aggressor hat permanent die Möglichkeit, jemanden zu mobben“, sagt der 18-jährige Schüler Felix Wolinski mit Blick auf die digitale Welt. „Psychologisch ist die Hemmschwelle im Internet geringer.“ Und ein Smartphone hat heute mittlerweile fast jeder Schüler, jedenfalls in den oberen Stufen.