Bochum. Den Duisburger Verein ZOF hat die Stadt Bochum beauftragt, eine ihrer Flüchtlingseinrichtungen zu betreuen. Die Vergabe wirft Fragen auf.
Zwei Aufträge für die Betreuung von Flüchtlingseinrichtungen hat die Stadt in jüngster Zeit vergeben. Erstmals kam dabei auch ein freier Träger zum Zug, der nicht in Bochum seinen Sitz hat. Genau dieser Auftrag an den Verein „Zukunftsorientierte Förderung“ (ZOF) aus Duisburg könnte nun allerdings Probleme bereiten.
Denn: Gegen den früheren ZOF-Vorsitzenden läuft ein Ermittlungsverfahren, wie die WAZ Duisburg Ende Mai 2018 berichtete. Ihm wird vorgeworfen, zwei Millionen Euro veruntreut zu haben. Ermittelt wird nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Duisburg insgesamt gegen elf Personen aus dem Umfeld des Sozialdienstleisters. Die Haft gegen den Ex-Vorsitzenden ist seit dem 17. Juli gegen Auflagen ausgesetzt, so Staatsanwältin und Pressesprecherin Jennifer König. Er soll weitgehend geständig sein.
Verein beruft sich auf Selbstreinigungsprozess
Bei Sozialdezernentin Britta Anger klingelten die Alarmglocken, als sie von den Ermittlungen erfuhr, wie sie sagt. „Ich hatte kein gutes Gefühl bei der Sache.“ Allerdings habe sie erst am Ende des Bochumer Ausschreibungsverfahrens – nämlich Ende September – Kenntnis von den Dingen erhalten.
Sie habe dann vom Rechtsamt und vom Rechnungsprüfungsamt klären lassen, ob eine Aufhebung der Ausschreibung noch möglich sei. Beide Ämter hätten dies aber ausgeschlossen. „Es gab keine Möglichkeit, um zu intervenieren.“ Zumal der Verein auf ein sofortiges Schreiben der Stadt geantwortet habe, er befinde sich in einem Selbstreinigungsprozess nach Paragraf 125 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, habe u.a. Hausverbote erteilt und Schadenersatz gefordert.
Kosten: 75.000 Euro monatlich
Es geht um einen Vertrag mit einer Laufzeit vom 1. Oktober 2018 bis zum 30. September 2019 für die Betreuung der Flüchtlingseinrichtung an der Kollegstraße in Querenburg. Derzeit erhält ZOF bei einer 72-prozentigen Auslastung des Hauses mit den dort insgesamt 76 Plätzen monatlich 75.000 Euro für die Betreuung von Flüchtlingen, für Verpflegung und Sicherheitsleistungen. Im Frühjahr muss entschieden werden, ob die Einrichtung über September 2019 hinaus noch benötigt wird (Anger: „Das ist noch ungewiss“) und eine neue Ausschreibung nötig wäre.
Bislang leisteten die ZOF-Mitarbeiter gute Arbeit, Grund für Beanstandungen gebe es keine, so die Sozialdezernentin. Nur dann, wenn die Arbeit nicht den ausgeschriebenen Anforderungen genügen würden, wäre eine vorzeitige Beendigung des Vertrags möglich.
Stadt Velbert will Konsequenzen ziehen
Warum sie erst Ende September von den Vorfällen in Duisburg erfahren habe, kann sich die Sozialdezernentin nicht erklären. Ihr Amt hätte sich zuvor im Ausschreibungsverfahren in Duisburg über ZOF und die Arbeit des Vereins informiert und habe dort nichts Nachteiliges erfahren. Bei der Ausschreibung waren die Qualität der Arbeit zu 60 Prozent und der Preis zu 40 Prozent als Kriterien herangezogen worden.
Die Stadt Velbert erwägt derweil, ihren Vertrag mit ZOF für die Betreuung einer Flüchtlingseinrichtung nicht zu verlängern. Die SPD-Fraktion im Rat hatte die Vergabe an den Duisburger Verein öffentlich kritisiert und ein Umdenken der Verwaltung gefordert.
>>Rechnungsprüfungsamt kritisiert Vergabe
Das Rechnungsprüfungsamt hatte im vergangenen Jahr moniert, dass die Betreuung von Flüchtlingseinrichtungen in Bochum zunächst ohne Ausschreibung vergeben wurde.
In der Fortsetzung des nicht-öffentlichen Berichts hieß es später, es sei davon auszugehen, dass mittlerweile „grundsätzlich ein ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln sichergestellt ist“.