Bochum.. Wenn das komplette Orchester für eine Woche auf Weltreise geht, dann gibt es viel zu beachten. Jedes Cello bekommt im Flieger eigenen Sitzplatz.


Ein eigener Sitzplatz fürs Cello? Strenge Bestimmungen wegen Echsenleder und Elfenbein? Wenn die Bochumer Symphoniker auf Reisen gehen, dann ist das mit einem herkömmlichen Betriebsausflug nicht zu vergleichen. Am Montag setzt sich der komplette Orchesterapparat mit 98 Musikern und Mitarbeitern in Bewegung Richtung Südkorea – und der Aufwand, der dafür betrieben wird, ist gewaltig. Die Vorbereitungen laufen seit mehr als einem halben Jahr.

Die Bosy sind zu Gast beim Tongyeong-Festival an der Südküste von Südkorea, etwa 350 Kilometer von Seoul entfernt. „Die Einladung ist für uns eine ganz große Ehre“, sagt Generalmusikdirektor Steven Sloane. „Das Festival ist eine der Top-Adressen in Asien.“

Bei zwei Konzerten am 30. und 31. März spielen die Bosy unter anderem Gustav Mahlers Neunte Symphonie, die sie unlängst bereits bei drei ausverkauften Vorstellungen im Musikforum spielten. Auch ein Stück des koreanischen Komponisten Isang Yun wird erklingen – und dies mit politischer Botschaft: „Wir spielen das auf ausdrücklichen Wunsch des Festivals“, sagt Sloane. „Das ist ein mutiges und wunderbares Stück und ein politisches Statement gegen das Regime in Nordkorea.“ Weil die Bosy auf Einladung des Festivals unterwegs sind, werden sämtliche Kosten für Flug und Unterkunft aus Südkorea übernommen.

Logistischer Kraftakt

Doch bis die ersten Takte erklingen, liegt ein riesiger logistischer Kraftakt hinter Sloane und seinem Team. In einem Lkw, der sich am Montagfrüh auf den Weg nach Frankfurt macht, werden über 300 Utensilien verstaut: vom Kontrabass bis zum Notenpult.

Generalmusikdirektor Steven Sloane freut sich auf die Reise nach Südkorea.
Generalmusikdirektor Steven Sloane freut sich auf die Reise nach Südkorea. © Unbekannt | FUNKE Foto Services

Die Musiker setzen sich am Abend in den Bus Richtung Flughafen und steigen dort ins Flugzeug nach Seoul. Vor allem den teils sehr alten und wertvollen Instrumenten darf auf dem über zehnstündigen Flug nichts geschehen. „Temperatur- und Luftfeuchtigkeitsschwankungen im Frachtraum sind extrem schädlich“, sagt Iris Gast, die die Gastspielreise organisiert. „Also müssen die Transportkästen kleine Tresore sein.“ Idealerweise werde versucht, jedes Instrument „bis Kontrabassgröße“ mit in die Kabine zu nehmen: „Das bedeutet, dass wir für sechs Celli und eine Tuba jeweils einen eigenen Sitzplatz buchen, damit sie wohlbehalten neben ihrem Musiker reisen.“ Flöten und Geigen können meist an Bord verstaut werden.




Auf andere Herausforderungen würden Laien vermutlich gar nicht kommen. So brauchen Musiker für ihre Instrumente ein Zertifikat nach dem Washingtoner Artenschutzabkommen. „Das bedeutet, dass alle Instrumente danach überprüft werden, welche Materialien verbaut worden sind“, erklärt Gast. Vor allem gehe es dabei um Elfenbein, das häufig an den Bögen zu finden ist und bei der Einreise für Probleme sorgen könnte. „Es gibt auch spezielle Echsenleder oder Edelhölzer, die unter das Artenschutzabkommen fallen und genau zertifiziert werden müssen.“ Die Bläser seien dagegen eher unproblematisch.

Was unterwegs so alles passieren kann, davon werden die Bosy nach ihrem einwöchigen Trip sicher gern berichten. Iris Gast, die drei Jahre beim Hessischen Rundfunk arbeitete und sich mit reisenden Orchestern bestens auskennt, hat allerlei Erfahrungen: „Ob der Bus zu spät kommt oder die Hotelzimmer falsch gebucht sind: Irgendwas ist immer“, sagt sie. Also dann, gute Reise!