Bochum. . Einbrecher haben aus Bochumer Schließfächern 134 Sparbücher, Geld und Schmuck erbeutet. Ein Richter kritisiert die Sparkasse: „Völlig unfassbar!“
Amtsrichter Dr. Axel Deutscher ist ein Freund klarer Worte. Es sei, sagte er am Mittwoch im Urteil nach einem Einbruch in die Schließfachanlage in einer Sparkassenfiliale, „völlig unfassbar“, wie leicht es dem Täter gemacht worden sei, die Schließfächer aufzubrechen. „Da fragt man sich echt, was die Sparkasse sich da gedacht hat.“
Schließfächer nur minimal gesichert
Ohne weiteres Hindernis gelangten sie vor die Schließfachanlage mit 200 Fächern. Dann ging alles zack-zack: Mit einem Brecheisen sprengten sie eine Metallplatte direkt vor den Fächern auf – und schon hatten sie freien Zugriff auf die Wertsachen in den Fächern.
Gesichert war diese Platte offenbar nur mäßig. „Vier Schrauben, in jeder Ecke eine – mehr war nicht“, sagte der Verteidiger. Er selbst ist Kunde einer Sparkasse. Der Richter: „Wenn Sie da Schließfächer haben, würde ich mir die sicherheitshalber nochmal angucken.“
62 Sparkassen-Kunden waren betroffen
Weil ein Bewegungsmelder Alarm ausgelöst hatte, verschwanden die Täter schnell Richtung Hofsteder Bach. Mit einem Ford Mondeo und reichlich Beute türmten sie nach Münster, wo der Wagen gemeldet war. Dem reinen Zufall einer allgemeinen Verkehrskontrolle um 23.30 Uhr ist es zu verdanken, dass 62 geschädigte Sparkassenkunden schnell ihre Wertsachen zurückbekamen.
Einer der Täter konnte zwar flüchten, der andere, ein 27-jähriger Litauer, aber nicht. Die Verkehrspolizisten fanden bei ihm 32 700 Euro in bar, 134 Sparbücher mit einem Gesamtguthaben in Höhe von 970.000 Euro (davon 448.000 Euro ohne Kennwortsicherung) sowie Schmuck und auch Kontovollmachten.
Richter empfiehlt Abschiebung
Seitdem sitzt der 27-Jährige in U-Haft. Erst im Januar 2018 war er von seiner Heimat nach Deutschland eingereist. „Ich wollte Arbeit suchen“, sagte er dem Gericht. Richter Deutscher: „Sie haben ja auch Arbeit gefunden, wenngleich eine, die vom Gesetz nicht so gerne gesehen wird.“ Bereits 2017 war der Dieb in Deutschland gewesen und hatte für ein Verfahren der Staatsanwaltschaft gesorgt. Dazu wollte er im Prozess nichts sagen.
Haftbefehl bleibt in Vollzug - „Dreistes Vorgehen“
Im Prozess machte der Angeklagte trotz viermontiger U-Haft einen lockeren Eindruck. Nach dem Urteil ließ der Richter den Haftbefehl in Vollzug, so dass er weiter im Gefängnis bliebt.
Die Staatsanwältin forderte zweieinhalb Jahre Haft. Sie warf dem Angeklagten und seinem bis heute unbekannten Komplizen ein „sehr professionelles und dreistes Vorgehen“ vor.
Der Richter glaubt, dass hinter dem Angeklagten „bandenähnliche Strukturen“ stehen. Er sei „sicher angeleitet“ worden. Die Strafe: zwei Jahre und vier Monate Haft. „Leute, die hier einreisen, um Straftaten zu begehen, sind hier unerwünscht.“ Nach der Hälfte der Strafe könnte er seine Abschiebung beantragen. „Das würde ich dringend empfehlen.“ Der Angeklagte: „Es war dumm von mir. Ich werde das nicht nochmal machen.“
Sparkasse ließ alle erbeuteten Sparbücher sperren
Die Sparkasse erklärte auf Nachfrage, dass sie sich nicht zu den Aussagen des Richters äußern wolle, bevor nicht das Urteil schriftlich vorliege. Sie betont aber, dass es sich um eine Sparkassenbuchschließanlage handele, in die nur Sparbücher gehörten und nicht Wertsache wie Schmuck oder Bargeld. Darauf seien die Kunden auch hingeweisen worden. Für Wertsachen gebe es Safe-Schließfächer, die sich hinter einer Tresortür befänden.
Außerdem habe man direkt nach dem Einbruch alle erbeuteten Sparbücher sperren lassen. Unabhängig davon könnten höchstens 2000 Euro im Monat vom Sparbuch abgehoben werden.