Bochum/Witten. . Ohne Anlass sollen vier Vollzugsbeamte der JVA Bochum zwei Häftlinge zusammengeschlagen haben. Der Prozess musste aber erstmal ausgesetzt werden.

Die Anklage gegen die vier Vollzugsbeamten der JVA Bochum wiegt schwer: Sie sollen überfallartig zwei Häftlinge in ihren Zellen verprügelt haben. Ob das aber auch zutrifft, ist völlig offen.

Zum Prozessauftakt am Dienstagmorgen fehlten die beiden damaligen Gefangenen, so dass das Amtsgericht gar nicht erst anfing zu verhandeln, sondern nun nach einem neuen Termin sucht.

Das wirft die Staatsanwaltschaft den Beamten vor:

Laut Anklage geschah dies: Im August 2016 betraten die vier JVA-Beamten (zwischen 33 und 38 Jahren alt), die zu einem Deeskalations- und Sicherungsteam gehören und spezielle Schutzanzüge trugen, eine Zelle. Dort zogen sie den Zellenbewohner ohne Ankündigung zu Boden und schlugen ihn auf Brust, Rücken und Beine.

Ausstattungen zum Körperschutz

Die „Körperschutzausstattung“ der Vollzugsbeamten schützt Oberkörper, Arme, Beine und Unterleib vor Gewalt. Sie besteht aus einer Schutzweste und zusätzlichen Protektoren sowie einem Schutzhelm.

Die Beamten werden in der Ausbildung und Fortbildungen regelmäßig geschult, um mit Konfliktsituationen und Gewalt in der JVA professionell umzugehen, heißt es im Ministerium.

Dem Mann soll dabei ein Zahnstück abgebrochen sein. Die Beamten, von denen einer aus Witten stammt, merkten dann aber, dass ihnen ein Kollege irrtümlich die falsche Zelle geöffnet hatte. Also gingen sie in die Nachbarzelle und holten dann den „richtigen“ Häftling raus. Laut Anklage wiederum ohne vorherige Ansprache und mit mehreren Faustschlägen.

Häftling soll JVA-Bedienstete wegen Brotscheiben massiv bedroht haben

Der Häftling sollte nach WAZ-Informationen in einen besonders gesicherten Haftraum gebracht werden. Er soll bei der Frühstücksausgabe eine JVA-Bedienstete in seiner Zelle massiv bedroht haben, weil er mehr Brotscheiben wollte.

Dann soll er Keramikgeschirr zerdeppert haben und der Frau mit einer Scherbe gedroht haben. Angeblich ist der Häftling an Hepatitis erkrankt und hätte die Frau infizieren können.

Unbeteiligter Häftling zeigt Beamten an

Ein dritter, unbeteiligter Häftling hatte die Beamten nach dem mutmaßlichen Vorfall angezeigt. Er hatte das Geschehen im August 2016 offenbar als Ohrenzeuge mitbekommen. Auch die JVA selbst erstattete Anzeige.

Am Dienstagmorgen erschien keiner der Häftlinge vor dem Amtsgericht. Der eine meldete sich morgens krank (ohne Attest), der andere ist mangels Adresse nicht ermittelbar.

Der Gerichtssaal war bis auf den letzten Platz gefüllt, darunter waren auch zahlreiche JVA-Beamte, die privat erschienen.

Neuer Prozesstermin steht noch nicht fest

Richter René Bungardt sagte, dass im Vorfeld des Prozesses über eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage nachgedacht worden sei. Aber die Staatsanwaltschaft war dazu nicht bereit, weil sie erst die damaligen Häftlinge als Zeugen anhören wollte. Ein neuer Gerichtstermin steht noch nicht fest.

Rechtsanwalt Michael Emde verteidigt einen der Angeklagten. Der WAZ sagte er am Rande des Prozesses: „In den steifen Schutzanzügen sind die Beamten massiv in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt.“ Der Häftling aus der ersten Zelle sei „möglicherweise beim Zu-Boden-Bringen gegen eine Kante oder etwas anderes gestoßen“. Er betont: „Die Beamten haben nicht unverhältnismäßig Gewalt angewandt.“