Bochum. . Die Nutria-Population an der Ruhr steigt stark an. Die Tiere fühlen sich offenbar auch in Bochum immer wohler. Das bringt Probleme mit sich.

An der Ruhr in Bochum tauchen immer mehr Nutrias auf, auch Biberratten genannt. Es sind so viele, dass Natur- und Wildnisführer Martin Maschka die Entwicklung für problematisch hält. „Wenn das überhand nimmt, sollte man sie abschießen.“

Maschka ist Gewässerwart im Landesfischereiverband, Gründer der „Natur- und Wildnisschule Ruhrgebiet“ und kennt die Ruhr im Raum Bochum wie seine Westentasche.

Allein in Stiepel mehr als 40 Tiere

Allein in Stiepel sei die Anzahl der Nutrias auf mehr als 40 angestiegen. Das habe er selbst gesehen, neulich sogar binnen zehn Minuten mehr als 20 Exemplare. Hinzu käm eine unbestimmte Anzahl an Nutrias an der Ruhr in Dahlhausen, vor allem in Altarmen der Ruhr und geschützten Wassergewinnungsgebieten, wo keine Hunde am Ufer herumlaufen.

Martin Maschka.
Martin Maschka. © Volker Speckenwirth (Archivbild)

Das Problem aus seiner Sicht ist: Die Nutrias fressen zwar hauptsächlich Wasser- und Uferpflanzen wie zum Beispiel Algen, aber auch Eiweiß – und damit auch viel zu viele Muscheln und ihr eiweißhaltiges Fleisch. „Die Muschel ist für unser Ökosystem von herausragender Bedeutung“, sagt Maschka. Muscheln hätten eine große Filterfunktion, indem sie Schadstoffe aus dem Wasser beseitigen.

Sichtungen am Kemnader See

Außerdem seien Muscheln für die heimische Tierwelt wichtig. Etwa für den Bitterling-Fisch, der darin seine Eier ablege. Nicht zuletzt sei Fischereiverbänden und Naturschützern aufgefallen, dass Wasserrosen fehlen. Auch dies schreibt Maschka der Nutria zu.

Insgesamt schätzt er die Anzahl der Nutrias zwischen Witten (vor allem am Hohenstein) und Hattingen auf eine dreistellige Anzahl – „mit Sicherheit“. Das könnte sich weiter steigern. Zwei bis dreimal pro Jahr würden die Nutrias Nachwuchs zur Welt bringen, jeweils bis zu sechs Junge. Auch im Kemnader See werden die Tiere immer wieder gesichtet. Ein Tier war sogar so zahm, dass es neulich von einem Camper an der Ruhr gefüttert worden sein soll.

Diese Nutria hat WAZ-Leser Heinfried Berke am Kemnader See fotografiert.
Diese Nutria hat WAZ-Leser Heinfried Berke am Kemnader See fotografiert. © Heinfried Berke

Für die Untere Naturschutzbehörde des Bochumer Umwelt- und Grünflächenamtes ist es „nicht überraschend“, dass an der heimischen Ruhr immer mehr Nutrias gesichtet werden. Allerdings seien bisher keine von der Nutria verursachten Schäden bekannt, weder an Dämmen noch an der Natur. „Dies liegt unter anderem darin begründet, dass die Wasser- und Uferpflanzen, von denen sich die Nutria ernährt, zu den häufigsten Arten zählen, so dass hier keine Konflikte mit dem Naturschutz bestehen“, erklärte die Stadtverwaltung auf Anfrage. Daher gebe es „aktuell keinen Handlungsbedarf“.

Mittelfristig könnte es den Tieren aber doch noch an den Pelz gehen. Die Naturschutzbehörde: „Sollten sich die Tiere zukünftig in solcher Anzahl vermehren, dass sie nachweislich Schäden für die Wasserwirtschaft oder die Natur verursachen, kann eine Reduzierung der Population durch Lebendfallen oder Abschuss erfolgen. Die rechtliche Grundlage ist gegeben.“

>>> INFO: Als Pelztier aus Amerika eingeführt

  • Die Nutria stammt aus Südamerika. Von dort wurde sie vor gut 100 Jahren als Pelztier eingeführt. In den 1930-Jahren sind sie aus den entsprechenden Farmen entfleucht und haben sich in Deutschland flächendeckend verbreitet.
  • Im Ruhrgebiet ist die Art im gesamten Ruhrkorridor verbreitet. Sie ähnelt dem Biber, den aber gibt es nicht in Bochum.