Bochum. . Die Affäre um den Atriumtalk 2012 hat Sascha Hellen 2017 in die Pleite getrieben. Das sagte der Medienberater aus Bochum im Gespräch mit der WAZ.

Spätestens seit der Affäre um horrende Redner-Honorare bei den Atriumtalk-Veranstaltungen der Stadtwerke Bochum im Jahr 2012 ist Sascha Hellen in Bochum eine sehr bekannte Person. Immer wieder liefert der heute 40-Jährige seitdem Schlagzeilen – häufig mit gut besuchten Veranstaltungen wie dem Steiger Award oder Gysis Begegnungen, zuletzt mit der Pleite seiner Firma und dem Ärger mit Gut-Mausbeck-Gastronom Jürgen Löring, der ihn vor die Tür setzte. Im Gespräch mit den WAZ-Redakteuren Thomas Schmitt und Michael Weeke sprach Hellen über die Krise 2012, seine Probleme heute und blickte nach vorn.

Herr Hellen, wir haben viel über Ihre Tätigkeit als Promi-Vermittler geschrieben. Wie bezeichnen Sie eigentlich selbst Ihre Tätigkeit?

Ich bin Medienberater und Veranstalter. Promivermittler ist mit Abstand einer der dämlichsten Begriffe – so ähnlich wie Dschungel-König oder Bahnchef. Der geringste Teil meiner Arbeit ist es, Prominente zu vermitteln.

Was ist der Kern Ihres Jobs?

Ich berate Institutionen und Firmen bei ihrer gesellschaftlichen Positionierung. Es geht darum, Brücken zu bauen – zwischen Wirtschaft und Politik oder Gesellschaft und Politik. Meine Aufgabe ist es, die eine oder andere Veranstaltung zu bestücken mit Prominenten oder Referenten. Diese müssen aber nicht immer prominent sein, sondern es reicht aus, wenn der Referent zum Thema etwas zu sagen hat.

Was sagen Sie zur Pleite Ihrer Firma?

Ich habe die Hellen Medien Projekte GmbH 2008 gegründet. 2012 ist die Firma im Zuge der Streitigkeiten um den Atriumtalk ordentlich ins Straucheln geraten. Die drei-, fast vierjährige Auseinandersetzung mit den Stadtwerken und die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen haben mir und meinem Büro nachhaltig geschadet. Einnahmen sind weggebrochen und ich bin auf Kosten sitzengeblieben – auch durch den Vergleich mit den Stadtwerken.

2015 haben Sie die Insolvenz noch abgewendet.

Ich habe bis zuletzt gehofft, dass sich die Hellen Medien Projekte GmbH erholt und auch viel Herzblut darauf verwendet, weil die Firma ja meinen Namen trägt. Am Ende muss ich mir eingestehen: Ich bin mit der Hellen Medien GmbH gescheitert, ich habe diesen Kampf nicht gewonnen. Punkt.

Gescheitert ist am Ende auch Ihre Zusammenarbeit mit dem Gut Mausbeck in Gerthe. Gastronom Jürgen Löring hat Sie im Januar vor die Tür gesetzt.

Wir waren häufig mit Veranstaltungen des Projekts Herausforderung Zukunft im Gut Mausbeck zu Gast, auch mit der Talk-Reihe Gysis Begegnungen. Die Veranstaltungen waren aber nicht immer exklusiv auf Gut Mausbeck ausgerichtet. Die Zusammenarbeit mit Herrn Löring war angenehm. Allein im letzten Jahr habe ich 2500 bis 3000 Gäste dorthin gebracht. Aber Gäste muss man auch wollen.

Treffen im Gut Mausbeck am Vorabend des 10. Steiger Awards 2014 (v.li.): Peter Maffay, Quincy Jones, Königin Sofia von Spanien, Sascha Hellen, Arturo Coello (Direktor des Königlichen Hofes) und Gastronom Jürgen Löring.
Treffen im Gut Mausbeck am Vorabend des 10. Steiger Awards 2014 (v.li.): Peter Maffay, Quincy Jones, Königin Sofia von Spanien, Sascha Hellen, Arturo Coello (Direktor des Königlichen Hofes) und Gastronom Jürgen Löring.

Und Rechnungen muss man bezahlen. Nach unseren Informationen gibt es noch offene in Gerthe.

Es gibt Leute, die schicken Ihnen eine Rechnung noch in der Nacht der Veranstaltung, andere schicken sie erst Wochen später. Bei Herrn Löring hatte ich die Rechnung oft im Briefkasten, bevor ich zu Hause war. Auch ich warte mitunter zehn bis zwölf Wochen auf den Ausgleich von Rechnungen, da kann ich auch nicht sofort die Presse anrufen.

Ihre Veranstaltungen gehen trotz des Streites und der Pleite an anderen Orten weiter. Wie läuft das?

Ich bin mit meinem Team als Büro Sascha Hellen aktiv. Ob ich diese Firma später in eine neue GmbH überführe, weiß ich noch nicht. Bis 2008 habe ich große Veranstaltungen auch mit diesem Büro gemacht. Mein Beruf lässt sich relativ schnell über ein Handy und mit einem Laptop realisieren.

Offene Rechnungen, unklare Absprachen – das zieht sich wie ein roter Faden durch Ihre Vita. Hat es mit der Branche zu tun?

Veranstaltungen zu organisieren, ist kein Handwerksbetrieb, das ist keine klassische Backstube, wo Leute sofort vor Ort zahlen. Natürlich kann man immer versuchen, das Ganze ins Halbseidene zu ziehen, wie es gern gemacht wird. Auch zwischen den Stadtwerken und mir gab es eine vertragliche Vereinbarung. Wir haben aber dann erlebt, wie sehr sich solche Verträge auslegen lassen, vor Medien, vor Gericht, Aufsichtsräten oder Wirtschaftsprüfern. Ich war Dienstleister und habe den Referenten und den Musiker gebracht. Ich hatte keinen Überblick über die Kosten beim Caterer, für Technik oder Blumenhändler. Ich habe eine Leistung angeboten, und es war allen Beteiligten klar, was Herr Steinbrück oder Richard von Weizsäcker kosten. Ich habe mich lange an die vereinbarte Verschwiegenheit gehalten, im Gegensatz zu anderen Protagonisten habe ich 2012 nicht jeden zweiten Tag auf dem Rathausflur eine Pressekonferenz abgehalten.

Auf dem Rathausflur gab es damals hochemotionale Situationen. Beim damaligen Pressesprecher der Stadtwerke, der als Bauernopfer herhalten musste, sind Tränen geflossen. Haben auch Sie im Zuge der Atriumtalk-Affäre geweint?

Peer Steinbrück und Werner Hansch (li.) beim Atriumtalk im November 2011. Der spätere Kanzler-Kandidat der SPD erhielt für seinen Auftritt 25 000 Euro.
Peer Steinbrück und Werner Hansch (li.) beim Atriumtalk im November 2011. Der spätere Kanzler-Kandidat der SPD erhielt für seinen Auftritt 25 000 Euro.

Die Situation war natürlich auch für mich emotional schwierig, geweint habe ich aber nicht. Die Zeit war sehr belastend. Es war eine Entwicklung, für die es kein Handbuch gibt. Spiegel TV, Handelsblatt, Süddeutsche und andere Medien standen bei uns vor der Tür. Das hatte damit zu tun, dass Peer Steinbrück Kanzlerkandidat wurde.

Sie standen bei der Atriumtalk-Affäre relativ schnell allein da. Die damalige Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz und der damalige Stadtwerke-Chef Bernd Wilmert sind schnell auf Distanz gegangen.

Sie erleben in einer solchen Phase die komplette Bandbreite des menschlichen Miteinanders: Leute, mit denen Sie lange und viel zu tun hatten und die Ihnen Danke-Mails geschrieben hatten, weil Sie diese samt Tochter beim Steiger Award untergebracht hatten, gehen plötzlich auf Distanz und sind nicht mehr erreichbar. Sie lesen Zitate von Hinterbänklern im Stadtrat, die Sie noch nie gesehen haben und die alles schon immer gewusst haben. Sie spüren aber natürlich auch, wer Ihnen den Rücken stärkt, und es kommt Zuspruch aus einer Ecke, aus der Sie dies nicht vermuten.

Was haben Sie aus all dem gelernt?

Man wird ein Stück weit misstrauischer. Ich lasse heute Verträge grundsätzlich durch Anwälte prüfen.

Können Sie sich vorstellen, den Steiger Award wieder einmal in Bochum zu veranstalten?

Im Augenblick gibt es keine Bestrebungen, was nicht heißt, dass wir das für alle Tage ausschließen. Es kommen mit dieser Frage immer wieder Leute auf mich zu, namhafte Persönlichkeiten, die in Bochum verankert sind. Die Jahrhunderthalle ist eine der schönsten Hallen im Ruhrgebiet, vielleicht sogar europaweit.

Ihr Neuanfang erweckt unter dem Strich den Eindruck: Augen zu und durch!

Wenn man Dachdecker ist, kann man nicht sagen, ich werde mal eben Friseur. Ich muss das machen, was ich am besten kann. Und das ist schon, Leute zusammenzubringen, Veranstaltungen zu organisieren. Ich lebe von einem sehr internationalen Adressbuch. Und ich lebe das auch. Mein Alltag besteht ja auch daraus, diese Kontakte zu pflegen. Da muss ich die Nase in den Wind halten. Mit allen Randerscheinungen und Gerüchten kann ich gut leben.

>> GESPRÄCHSREIHEN WERDEN IN DER ROTUNDE FORTGESETZT

Termine des Büros Sascha Hellen in der Rotunde am Konrad-Adenauer-Platz 3:

  • 19. März: Gysis Begegnungen. Der Linken-Politiker Gregor Gysi empfängt um 19.30 Uhr Leonard Lansink zum Gespräch. Der 1956 in Hamm geborene Schauspieler ist einem breiten Publikum durch die Rolle des Privatdetektivs Georg Wilsberg bekannt.

  • Am 2. Juli wird der ehemalige Bundestagsabgeordnete und FC-Köln-Fan Wolfgang Bosbach (CDU) zu Gast bei Gregor Gysi sein.

  • Karten für beide Veranstaltungen gibt es zum Preis von 15 Euro u.a. bei BO-Marketing an der
    Huestraße 21.

  • 23. Oktober, 19 Uhr: Herausforderung Zukunft. Schriftsteller Eugen Drewermann und Michael Krons reden über den Zustand der Gesellschaft und den Verlust der Werte. Eintritt frei. Anmeldung:
    office@saschahellen.com