Bochum. . Gern würde ein 81-jähriger Bochumer mit der Straßenbahn in die Innenstadt fahren. Doch mit seinem Rollstuhl kann er die Uralt-Wagen nicht nutzen.
„Es könnte so schön sein“, sagen Klaus und Karin Lodwig. 80 Meter sind’s vom Wohnhaus des Ehepaares in Weitmar zur Haltestelle Röntgenstraße. Gern würden die Lodwigs mit der Straßenbahn in die Innenstadt fahren. Doch für Klaus Lodwig gibt’s kein Durchkommen: Die Uralt-Wagen machen den Einstieg mit seinem Elektrorollstuhl unmöglich. Und das wird auch noch gut zwei Jahre so bleiben, kündigt die Bogestra an.
Nach einem Schlaganfall und mehreren Herz-OPs ist der ehemalige Maschinenbau-Konstrukteur seit 2017 auf den Rollstuhl angewiesen. Kein Grund für den 81-Jährigen und seine 76-jährige Ehefrau, nicht häufiger Ausflüge in die City zu unternehmen. Dafür steht ihnen zwar ein Auto zur Verfügung. „Das ist für uns aber ein Kraftakt. Immerhin wiegt der Rolli 35 Kilo. Und Behindertenparkplätze in der City sind rar“, schildert die Ehefrau.
So nah und doch so fern
Viel lieber würde Klaus Lodwig mit seiner Frau die Straßenbahn und somit die verbilligten Fahrten als Schwerbehinderter (80 Euro jährlich) nutzen. „Doch ich habe keine Chance“, bedauert der Weitmarer. So nah die Haltestelle liegt, so unerreichbar ist die Tram. Denn: Die Bogestra setzt auf der Linie 310 ausschließlich sogenannte Meterspurwagen („M-Wagen“) aus den 1970er Jahren ein.
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Ein WAZ-Test am Montag an der Haltestelle Röntgenstraße zeigt: Rollstuhlfahrer müssen draußen bleiben. Die zwei Trittstufen, vor allem aber die Mittelsäule lassen es nicht zu, den Rolli in die Bahn zu hieven. Und nicht nur das. „Auch Fahrgäste mit Kinderwagen oder Rollatoren, wie es sie hier in der Gegend vielfach gibt, haben Probleme beim Ein- und Ausstieg. Da muss dringend etwas passieren“, sagt Karin Lodwig.
Ende 2019 sollen die alten Bahnen ersetzt werden
„Das Problem ist uns wohl bekannt. Tatsächlich können auf den jahrzehntealten Gleisen der Linie 310 bisher nur unsere alten Bahnen fahren“, erklärt Bogestra-Sprecherin Sandra Bruns. Das jedoch werde sich mit der Erweiterung der Linie 302/310 ändern. Im Oktober 2017 wurde das erste Teilstück in Langendreer eröffnet.
„In den nächsten zwei Jahren gehen die Bauarbeiten weiter, so dass die Straßenbahnen künftig über Langendreer auch bis nach Witten fahren können“, kündigt die Bogestra an. Dann, nach Abschluss der gesamten Maßnahme voraussichtlich Ende 2019, könnten die „alten Möhrchen“ (Bruns) verschwinden und flächendeckend die modernen Vario-Bahnen unterwegs sein, in denen auch Menschen mit Rollstuhl problemlos Platz finden.
Licht am Horizont also für Karin und Klaus Lodwig, wenngleich sie noch lange auf den Pkw angewiesen sein werden. Im vergangenen Sommer, berichten sie, habe die Bogestra für drei Wochen im Testbetrieb die neuen Niederflurbahnen auf der Linie 310 eingesetzt. „Das war richtig gut. Wir konnten den Wagen daheim lassen und bequem mit der Bahn in die Stadt fahren.“ Das ist längst wieder Vergangenheit. Es könnte so schön sein.
>>> INFO: 13 Uralt-Wagen sind noch im Einsatz
Im Betriebsgebiet der Bogestra sind noch 13 M-Wagen aus den 1970er Jahren unterwegs.
Sie sind 23 Meter lang: sieben Meter kürzer als die modernen Vario-Bahnen, die den Großteil der über 100 Fahrzeuge des Nahverkehrsunternehmens ausmachen, einen ebenerdigen Ein- und Ausstieg bieten und damit behindertengerecht sind.