Bochum. . Eltern beklagen schon lange, dass zu viele Unterrichtsstunden ausfallen. Mit Beginn des neuen Halbjahres rücken wir das Thema in den Fokus.
Es ist ja „nur Kunst“. Eines dieser Fächer, dessen Inhalte und Zensuren vielen Eltern herzlich egal sind. Eines dieser Fächer, das ausfallen kann, ohne dass gleich die Bildung der Kinder bedroht scheint.
„Natürlich ist das kein mega-wichtiges Fach“, sagt auch Susan Kuriewicz, aber dass bei ihrem Sohn Anthony (14) seit Monaten kein Kunstunterricht stattfinde, gibt ihr zu denken. Überhaupt kommt es ihr vor, als würde der Gesamtschüler „nur zwei Drittel der Unterrichtsstunden haben, die er haben müsste“.
Statistiken kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen
Unterrichtsausfall ist eines der Top-Themen, wenn sich Eltern über den Schulalltag austauschen. Gefühlt sind ständig Lehrer krank. Und dann die Konferenzen, die Wandertage und Klassenfahrten, Fortbildungen, Elternsprechtage, die unterrichtsfreien Tage.
Statistiken zeichnen unterschiedliche Bilder der Situation. Laut einer stichprobenbasierten Erhebung des Schulministeriums sind in NRW im Schuljahr 2015/2016 nur 1,8 Prozent des Unterrichts ersatzlos ausgefall en. Zu ganz anderen Ergebnissen, zumindest für Bochum und Herne, kam vor gut einem Jahr eine Statistik der Schüler Union, die an 17 Schulen Vertretungspläne für eine Woche erfasst hatte: 13,6 Prozent der Stunden seien ausgefallen. Die Bandbreite an den einzelnen Schulen reichte von 1,2 bis 32,2 Prozent Ausfall.
Expertin: Lehrer müssen stärker kooperieren
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Bei diesem Thema müsse man genau differenzieren, sagt Gabriele Bellenberg, Professorin für Schulforschung und Schulentwicklung an der Ruhr-Universität: Geht es um das kurzzeitige Fehlen eines Lehrers? Oder wird in einem Unterrichtsfach dauerhaft kein regulärer Unterricht erteilt? Werden Inhalte nur verspätet oder in anderer Form als geplant oder gar nicht vermittelt? „Ein hochemotionalisiertes Thema“, so Bellenberg, das alle Schulformen betreffe, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Zumal viele Schulen keine sinnvollen Strategien hätten. „Generell müssten Lehrer viel stärker miteinander kooperieren.“ Das würde solideren Vertretungsunterricht ermöglichen.
Auch die konsequente Nutzung neuer Medien, eine insgesamt bessere Planung und stärkere Kommunikation mit den Schülern könnten dafür sorgen, dass Zeiten, in denen Lehrer ausfallen, zumindest sinnvoll überbrückt werden können. „Das ist alles nicht ideal“, räumt Bellenberg ein, „wir reden hier immer über die Lösung von Problemen“. Doch wo tatsächlich Lehrermangel herrscht, wie viele Schulen beklagen, stoßen auch gute Strategien schnell an ihre Grenzen.
WAZ-Familie dokumentiert Unterrichtsausfall
Die WAZ-Familie jedenfalls hat einen Plan für dieses Halbjahr: Aus der Ahnung soll Gewissheit werden: Wie viel Unterricht fällt tatsächlich aus? Mama Susan wird Buch führen. Anthony ist noch nicht hundertprozentig überzeugt: „Ich finde es ja gut, wenn mal was ausfällt.“ Immerhin hat auch er bemerkt, dass die Rechnung „weniger Unterricht gleich weniger Arbeit“ nicht aufgeht. Denn was an Unterrichtsstoff in der Schule nicht vermittelt wird, muss er sich anderweitig erarbeiten. Sogar in Kunst.
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Das neue Schulhalbjahr hat begonnen. Ein guter Zeitpunkt, um gemeinsam genauer hinzuschauen: Wie viel Unterricht fällt aus? Wie gehen die Schulen damit um?
Dazu wollen wir in den nächsten Wochen auch Schulleiter zu Wort kommen lassen: Was liegt überhaupt in der Hand der Schulen, wo muss Politik helfen?
Schildern Sie uns Ihre Beobachtungen an der Schule Ihrer Kinder!
Außerdem möchten wir Sie, liebe Familien, mit ins Boot holen: Tun Sie es unserer WAZ-Familie gleich und dokumentieren Sie: Wann fallen welche Fächer aus? Gibt es Vertretungsunterricht und wenn ja: in welcher Form?
Uns interessieren nicht nur die nackten Zahlen, sondern auch Ihre persönlichen Erlebnisse – die guten wie die schlechten: Was bedeutet Unterrichtsausfall für Ihre Kinder und für Sie? Vielleicht gibt es Schulen, die besonders gute Strategien entwickelt haben und andere, die sich aus Ihrer Sicht zu wenig kümmern?
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