Bochum. Im Mordprozess Rottstraße bleibt die Beweislage kompliziert. Der Angeklagte wird zwar stark belastet - aber reicht das für eine Verurteilung?

Der Prozess um den brutalen Mord von der Rottstraße ist am Mittwoch um drei Tage bis 19. März verlängert worden. Die Beweislage ist so kompliziert, dass die Richter alle juristischen und kriminalistischen Fähigkeiten aufbieten müssen, um die Frage von Schuld- oder Freispruch beantworten zu können. Der Angeklagte wird zwar stark belastet – aber reicht das für eine Verurteilung?

Dieses Problem zeigte sich erneut am zweiten Prozesstag, als die DNA-Expertin Prof. Dr. Michaela Poetsch (51) ihr Gutachten erstattete. „Es ist höchstwahrscheinlich“, sagte die Biologin und Rechtsmedizinerin auf die sinngemäße Kardinalfrage, ob die DNA-Spuren den Angeklagten belasten.

Sie fügte aber hinzu: „,Höchstwahrscheinlich’ ist bei Gericht ziemlich weit unten. Es wird nie ein ,praktisch erwiesen’ geben.“ Es geht um ein Haar und 18 Hautschuppen, die dem Angeklagten zugeordnet werden. Sie wurden auch am Oberkörper der Leiche gefunden. Nicht ausschließbar ist aber, dass sie auf anderem Wege als durch die Tat dorthin kamen.

Blutspuren der Opfer am Schuh

Auch das zweite Hauptbeweisstück – die Schuhe, die der Angeklagte bei seiner Festnahme trug – ist nicht frei von letzten Zweifeln: Darauf wurden mehrere Blutspuren festgestellt, die den beiden Opfern zugeordnet werden. Aber eindeutig erwiesen ist auch das nicht.

Die Anklage geht davon aus, dass der vielfach vorbestrafte Angeklagte am 10. Februar 2017 ein Rentnerpaar in seiner Wohnung an der Rottstraße ausgeraubt habe. Die Frau (79) starb am Tatort durch Stiche, Würgen und Schläge oder Tritte, ihr ebenfalls schwerstverletzter Mann (78) drei Wochen später.

Das Schwurgericht. In der Mitte Vorsitzender Richter Josef Große Feldhaus.
Das Schwurgericht. In der Mitte Vorsitzender Richter Josef Große Feldhaus. © Ingo Otto

„Das waren sehr feine Leute“

Dazu hörte das Gericht auch einen Nachbarn (77): „Das waren sehr feine Leute. Ein super Nachbarverhältnis. Ich habe 29 Jahre meine Wohnungstür nicht abgeschlossen. Seitdem das passiert ist, ist alles verriegelt und verrammelt“, sagte er.

Als Zeugin sagte auch die Tochter (54) der Opfer aus. Die Berufssoldatin hat auch eine Erklärung, warum an der Hose ihrer toten Mutter auch Hautschuppen von ihr gefunden wurden: „Wenn ich Stress habe, kratze ich mir die Kopfhaut auf.“ Einen Monat vor der Tat hatte sie ihre Eltern besucht – und war aufgeregt, weil sie tags darauf in die USA flog.

Am Donnerstag (18.) geht der Prozess weiter.