Bochum. . Jacob-Mayer-Realschüler Uwe Störzel (66) kehrt nach 48 Jahren in seine alte Schule zurück. Äußerlich hat sich am Gebäude kaum etwas verändert.

Neugierig, aber auch ein bisschen vorsichtig öffnet Uwe Störzel die Eingangstür zur Musikschule. Dann steht er in dem weiten Treppenhaus mit der großen, geschwungenen Treppe. „Mensch!“, ruft der Bochumer aus, „das sieht ja noch genauso aus wie damals!“ Damals, Mitte der 60er Jahre, als er jeden Tag hierher kam. Als die Musikschule noch die Jacob-Mayer-Realschule war.

Uwe Störzel im Treppenhaus der Musikschule. In den 1960er Jahren kam er als Realschüler jeden Tag hierher. Viele Erinnerungen werden wach.
Uwe Störzel im Treppenhaus der Musikschule. In den 1960er Jahren kam er als Realschüler jeden Tag hierher. Viele Erinnerungen werden wach. © Ingo Otto

„Vor 48 Jahren bin ich zuletzt hier gewesen“, staunt Störzel beim Rundgang durchs Treppenhaus. So viel Zeit! Aber vieles erkennt der Bochumer Junge wieder: das ziselierte Treppengeländer, die hölzernen Kleiderablagen, nicht zuletzt das Wandbild, dessen Motiv – Stahlarbeiter, die eine Glocke gießen – sich bei ihm wie bei allen anderen Jacob-Mayer-Schülern auf ewig eingebrannt hat.

Sand für den Werkunterricht kam vom Bochumer Verein

„Der Bochumer Verein hatte das Mosaik gespendet“, weiß Störzel. „Schließlich trug die Schule den Namen des Fabrik-Gründers.“ Und nicht nur das: „Damals kam der Formsand für unseren Werk-Unterricht vom Bochumer Verein.“ Sogar einen Brennofen gab es!

Die goldene Uhr setzt einen farblichen Kontrapunkt zur rötlichen Fassade.
Die goldene Uhr setzt einen farblichen Kontrapunkt zur rötlichen Fassade. © Ingo Otto

Dann geht es die Treppe hinab ins Untergeschoss. „Hier im Keller war die Milchbar“, sagt Störzel. „Dort wurde die Schulmilch ausgegeben.“ Von der Theke ist nichts mehr übrig – stattdessen eine Wand, die es damals nicht gab. Aber die gesprenkelten Bodenplatten sind noch dieselben wie früher.

Bildhauer des Kuhirten-Denkmals unterrichtete an der Jacob-Mayer-Realschule

Störzel, Jahrgang 1951, hat seine Schulzeit nur in guter Erinnerung. „Es wurde Wert auf umfassende Bildung, Sport, aber auch auf das Künstlerische gelegt“, sagt er. Er verweist auf Lehrer-Koryphäen wie die Kunsterzieher Hermann Metzger (ein bedeutender Maler im Bochumer Künstlerbund) oder Walter Kruse, den Bildhauer, der das „Kuhhirte“-Denkmal an der Bongardstraße geschaffen hatte.

In der Presse wurde über die Eröffnung groß berichtet.
In der Presse wurde über die Eröffnung groß berichtet. © Jürgen Boebers-Süßmann

Oder an den Schwimmlehrer Gerhard Hetz, immerhin olympischer Silber- und Bronzemedaillen-Gewinner. Oder an Rektor Erwin Topp, später SPD-Oberbürgermeister im damals selbstständigen Wattenscheid, der 1971 bei einem Flugzeugabsturz im Taunus starb.

Störzel war bis 1968 Schulsprecher der Jacob-Mayer-Schule

Störzel hat neben seinen Erinnerungen an manche Mitschüler („Aus dieser Schule sind großartige Bochumer Kaufleute hervorgegangen!“) eine vergilbt Mappe bewahrt: Das Jahresarbeits-Heft, entstanden bei der Schulfahrt nach Amrum 1967. „Da ging es nicht nur um Erholung, wir mussten auch eine geschichtliche und erdkundliche Arbeit über die Insel erstellen“, sagt Störzel, der bis 1968 Schulsprecher der damals neuen Schülermitverwaltung SMV war.

Das geschwungene Treppengeländer ist pures  50er-Jahre-Design.
Das geschwungene Treppengeländer ist pures 50er-Jahre-Design. © Ingo Otto

Am Ende des Rundgangs bleibt er noch einmal im großen, weiten Treppenhaus stehen. Er muss schmunzeln, wenn er erzählt, dass in diesem Foyer auch die gemeinsamen Feste der Jacob-Mayer-Schule (Jungen!) und Annette-von-Droste-Hülshoff-Schule (Mädchen!) stattgefunden haben: „DAS sind Erinnerungen!“

>>Abriss der Schule ist möglich,aber nicht zwingend

Ob die Musikschule/Jacob-Mayer-Schule abgerissen oder in Teilen erhalten bleibt, steht dahin. Das Gebäude ist Teil der groß angelegten Neuplanung für den Bereich Viktoriastraße am Rand der Innenstadt.

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Fest steht, dass die Musikschule ins frühere Arbeitsgericht und somit in unmittelbare Nähe des Musikforums umziehen wird. Das leer stehende Schulgebäude am Westring 32 steht dann, ebenso wie das benachbarte Gesundheitsamt, Baujahr 1958, zur Disposition.

Areal nordwestlich des Rathauses soll komplett neu geplant werden

Bekanntlich will die Stadt das Areal nordwestlich des Rathauses komplett überplanen, wobei am auffälligsten der „Rückbau“ (vulgo: Abriss) des Bildungs- und Verwaltungszentrums sein wird. Am 16. November 2017 fasste der Rat den Grundsatzbeschluss. Er sieht als „Städtebauliches Konzept Variante B“ neben dem Abriss des BVZ auch den Abriss der Musikschule, der Turnhalle und des Gesundheitsamts vor.

Am Standort des BVZ soll ein städtischer Neubau sowie am Appolonia-Pfaus-Park Wohnbebauung entstehen. Als „Untervariante zur Variante B“ wären allerdings auch eine Teilerhaltung und die Umnutzung der Musikschule und des Gesundheitsamts möglich. Dass Alt und Neu gut zusammengehen können, hat der Neubau des Musikforums mit der inte-grierten Marienkirche bewiesen.

Denkmalwürdig sind weder das Gesundheitsamt noch die Musik-/Jacob-Mayer-Schule. Das hatte das Westfälische Denkmalsamt bereits bei einer Innenstadt-Bestandsaufnahme in den 1990er Jahren festgestellt.