Bochum. . Ein Zahnarzt und seine damalige Ehefrau sind verurteilt worden, weil sie das Konto ihrer betagten Tante geplündet haben, um die Praxis zu retten.
„Ich wusste nicht mehr, was richtig und falsch ist“, sagte die 57-jährige Angeklagte am Dienstag unter Tränen. Sie hatte eine Vorsorgevollmacht ihrer betagten und in einem Heim untergebrachten Tante missbraucht und ihr Vermögen großteils in die wirtschaftlich marode Zahnarztpraxis ihres Mannes (54) gesteckt. Beide wurden vom Amtsgericht verurteilt.
„Hört sich schrecklich an“, seufzte die Angeklagte, als sie der Richter fragte, was sie denn zu dem Vorwurf sage.
Das damalige Ehepaar arbeitete zur Tatzeit (2012 und 2013) in einer Bochumer Praxis: er als Zahnarzt, sie in der Verwaltung. Doch die Praxis geriet in finanzielle Schieflage. „Wir hatten Hochs und Tiefs. Ich dachte, es wird besser, aber es wurde nicht besser“, erzählte die Angeklagte. In dieser Situation nutzte sie die Vorsorgevollmacht ihrer Tante heimlich für private Zwecke aus. Rund 30 000 Euro zweigte sie von den Konten der Seniorin ab. „Ich habe damit immer Rechnungen bezahlt. Für die Praxis und privat. Ich war in einer Ausnahmesituation.“
„Ich war unternehmerisch nie großartig ausgebildet“
Die 30 000 Euro sind jetzt für die Tante verloren, denn die Zahnarztpraxis ging trotzdem in Insolvenz. Eines Tages hätten die Angeklagten die Tatbeute wohl geerbt. Ein Verteidiger meinte, dass sie deshalb „das Geld als nicht so fremd betrachtet“ hätten „wie anderes Geld“ und dies „die Hemmschwelle gegen Null gesenkt“ habe.
Das Urteil für die Angeklagte: Ein Jahr Haft auf Bewährung wegen gewerbsmäßiger Untreue in 17 Fällen. Der inzwischen von ihr getrennt lebende Ehemann wurde nur wegen Beihilfe in einem Fall verurteilt; dabei ging es um 19 000 Euro. Er sagte, dass er sich „nur um die Patienten gekümmert“ habe und weniger ums Wirtschaftliche. „Ich war unternehmerisch nie großartig ausgebildet.“ Er wurde zu einer Geldstrafe in Höhe von 7200 Euro verurteilt (180 Tagessätze), die aber zur Bewährung ausgesetzt wurde. Als Bewährungsauflage muss er 500 Euro ans Land zahlen. Er arbeitet noch heute als Zahnarzt, verdient aber am Rande der Pfändungsgrenze. Der Staatsanwalt wollte höhere Strafen. Die Angeklagten hätten „verwandtschaftliches Vertrauen missbraucht“.