Bochum. Einem 64-jährigen Arzt werden ausgeklügelte Kredit- und Abrechnungsbetrügereien in Millionenhöhe vorgeworfen. Er steht jetzt vor dem Landgericht.
- Abrechnungsbetrug, Kreditbetrug, Untreue und ein Schaden in Millionenhöhe: Das wird einem Arzt vorgeworfen
- Der 64-Jährige steht seit Montag vor dem Bochumer Landgericht. Er war Chef einer Bochumer Privatklinik
- Ebenfalls angeklagt sind fünf weitere Männer, die bei den mutmaßlichen Betrügereien kräftig mitgemischt haben sollen
In einer Privatklinik im Bochumer Osten soll ein Betrugssystem praktiziert worden sein, wie man es sonst nur aus der organisierten Kriminalität kennt. Seit Montag steht der damalige Chef (64) der Klinik vor dem Landgericht, ein promovierter Anästhesist und Schmerztherapeut. Laut Anklage gab er sich als Professor aus, wozu er aber gar keine Berechtigung hatte. „Die Selbstdarstellung als erfolgreicher Professor“ soll ihm wichtig gewesen sein, heißt es in der Anklage.
Zwei Stunden liest der Staatsanwalt Kreditbetrügereien, Schein-Abrechnungen und Veruntreuungen vor, die ganz akribisch vorbereitet worden sein sollen. Demnach liegt der Schaden bei deutlich über zwei Millionen Euro.
Hauptangeklagter war laut Anklage hoch verschuldet
Es geht um die Zeit zwischen Ende 2014 und Mitte 2015. Laut Anklage hatte der Arzt die kleine Privatklinik von einem anderen, völlig arglosen Arzt gekauft und sich dafür einen Kredit in Höhe von 2,5 Millionen Euro erschwindelt, obwohl der tatsächliche Kaufpreis nur bei 1,6 Millionen lag. Der finanzierenden Bank soll er außerdem verheimlicht haben, dass er hochgradig verschuldet war und außer beim Finanzamt bei mehreren Privatleuten tief in der Kreide stand, etwa bei seiner Ex-Frau (330 000 Euro). Zudem soll er der Bank eine völlig unrealistische oder fingierte Kalkulation des Klinikbetriebes präsentiert haben.
Nach wenigen Monaten war die Klinik zahlungsunfähig. In der Zwischenzeit soll der „Professor“ aber immer wieder neue Geldquellen angezapft haben. Ihm wird vorgeworfen, sich Kredite über 130 000 Euro für teure Kopiergeräte und Medizingeräte ergaunert zu haben, die es gar nicht gab. Zudem soll er sich regelmäßig bei privaten Krankenkassen bedient haben, indem er Leistungen abrechnete, die er nur teilweise oder gar nicht erbracht hatte. Die Beute liegt laut Anklage bei mindestens 185 000 Euro. Weitere Rechnungen über insgesamt 260 000 Euro hätten die Krankenkassen nicht anerkannt.
„Frei erfundene Diagnosen“
Um den Betrug mit teils „frei erfundenen Diagnosen“ zu ermöglichen, soll der Arzt „Schein-Patienten“ rekrutiert haben, die einen Teil der von den Kassen ausgezahlten Beute behalten durften. Zwei dieser Verdächtigen sind ebenfalls angeklagt; ein Pensionär (70) und ein Rechtsanwalt (47). Schaden: mehr als 150 000 Euro. Schließlich soll der Arzt falsche Gesundheitszeugnisse ausgestellt haben – unter anderem einem weiteren Anwalt.
Ebenfalls angeklagt sind drei weitere Männer (49-69), die beim Betrügen mitgemischt haben sollen. Alle baten am Montag die 2. Wirtschaftsstrafkammer um „ein Rechtsgespräch“ hinter verschlossenen Türen, bevor sie sich zu den Vorwürfen äußern. Fortsetzung: 16. Oktober.
>>> Auch eine Körperverletzung ist angeklagt
Dem Arzt wird auch Körperverletzung vorgeworfen. Er soll einer Patientin mit starken Rückenschmerzen zehn schmerzhafte Spritzen verpasst haben, in der sich lediglich eine Kochsalzlösung befunden habe – und nicht wie vorher gesagt eine ganz besondere Medizin.
Einige Wochen hatte der Arzt in U-Haftgesessen.