Bochum. . Bis 1977 durfte der Ehemann über Berufstätigkeit der Frau entscheiden. Viele können sich das heute nicht mehr vorstellen, andere erinnern sich gut.

  • Bundestag schaffte am 1. Juli 1977 den Erlaubnisvorbehalt über die Erwerbstätigkeit der Frau ab
  • Junge Menschen würden sich das nicht vorschreiben lassen, Ältere berichten von ihren Erfahrungen
  • Bochumer Frauen Union erinnert an das Ziel der Geschlechtergleichstellung: Es ist noch nicht erreicht

Die Glocken läuten im Innenhof des Standesamtes, Braut Miriam Doss strahlt im wallenden Kleid. Ob sie wusste, dass bis vor 40 Jahren ihr Ehemann ab jetzt über ihre Berufstätigkeit hätte bestimmen können? „Was? Ich habe bei uns das Sagen“, sagt sie erstaunt und lacht.

Ihr sei ihre Selbstbestimmung und Unabhängigkeit wichtig. „Hast du das gewusst?“, horcht sie bei ihrer Freundin Michaela Loseries nach. „Ja, das ist gar nicht so lange her“, antwortet diese.

Junge Leute zeigen Unverständnis

Richtig: Am 1.Juli 1977 schaffte der Bundestag den Erlaubnisvorbehalt des Ehemannes bei der Erwerbstätigkeit seiner Ehefrau ab. Bis dahin konnte das Arbeitsverhältnis einer Frau jederzeit ohne Rücksprache gekündigt werden. „Ein Beruf gehört zur Selbstentfaltung dazu“, findet Loseries. „Es wäre schön, wenn diese Fortschritte auch in anderen Ländern gemacht würden.“

Auch Nils Kretschmer und Svenja Jöres, die gerade beim Standesamt ihre Hochzeit anmelden, zeigen Unverständnis. „Ich lasse mir nicht vorschreiben, ob ich arbeite oder nicht. In einer Ehe möchte ich gemeinschaftliche Entscheidungen treffen“, sagt die 24-Jährige. Kretschmer meint: „Das widerstrebt meinen Wertvorstellungen. Beide Ehepartner brauchen Freiheiten – gut, dass es geändert wurde.“

Manche Frauen blieben früher freiwillig zu Hause

Auf dem Markt vor dem Rathaus hört man andere Töne: „Ich bin gerne zu Hause geblieben, habe mich um den Haushalt und die Kinder gekümmert, obwohl ich gelernte Verkäuferin bin“, sagt die 83-jährige Hildegard. Eine Frau solle zu Hause bleiben, wenn der Mann genug Geld verdiene.

Ehemann Reinhardt denkt ähnlich: „Meine Frau brauchte nicht zu arbeiten. Nur als ich krank wurde und das Geld knapp war.“ Trotzdem habe er die Änderung damals begrüßt: „Die Frau soll selbst entscheiden. Es ist auch wichtig, dass Ehemänner ihre Frauen nicht mehr schlagen dürfen.“

"Ich habe mein Leben lang gearbeitet"

Margarete und Johann Bradenbrink erinnern sich zwar noch an die Gesetzesänderung, ein Thema war es für die Beiden aber nie. „Ich habe stets gesagt: Mit Vorschriften kann man nicht zusammenleben“, betont Johann Bradenbrink. Es sei damals eine längst überfällige Entscheidung gewesen.

Auch Rosemarie Thetzner hat sich durchgesetzt. „Ich habe mein Leben lang gearbeitet. Das war immer in Ordnung für meinen Mann“, so die 93-Jährige. Ingeborg Beckers erzählt: „Meine Mutter hat bis zur Ehe in einem Lebensmittelladen gearbeitet, dann musste sie aufhören. Sie hat einfach klein beigegeben.“ Gut habe sie das nicht gefunden, starke Frauen seien schließlich Vorbilder. „Sie hätte gerne gearbeitet. Aber mein Vater hat gesagt: Du bleibst zu Hause. Das war damals eben so“, erinnert sie sich.

Frauen Union erinnert an Frauenrechte

Die Bochumer Frauen Union nimmt das Jubiläum der Gesetzesänderung als Anlass, um an die Frauenrechte im Allgemeinen zu erinnern. „Frauenrechte sind Freiheitsrechte und Grundrechte. Sie sind überwiegend hart erkämpft“, so die Vorsitzende Monika Pieper. „Auch der zweite Gleichstellungsbericht der Bundesregierung zeigt, dass die Geschlechtergleichstellung weiterhin nicht erreicht ist“, sagt Pieper.

In den letzten 40 Jahren habe sich einiges verändert: in der Gesellschaft und den Gesetzen. Diese seien Spiegel ihrer Zeit. Für die Frauen Union bleibt noch einiges zu tun: „Wir brauchen gleiche Chancen für Aufstieg und Teilhabe in Beruf und Politik.“ Ein Schlüssel seien gesetzliche Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf.

>>>>>>Männer sorgten für den Unterhalt

Mit der Reform des Ehe- und Familienrechtes 1977 wurde auch die sogenannte Hausfrauen-Ehe abgeschafft. Bis zum 30. Juni 1977 galt, dass die Frau zur Haushaltsführung und der Mann zum finanziellen Unterhalt der Familie verpflichtet war.

Ein Jahr zuvor gab es ein Eherechtsreformgesetz, welches erlaubte, dass der Ehemann den Nachnamen der Frau annimmt.

Benachteiligungen gibt es immer noch. So haben Frauen etwa eine um 53 Prozent geringere eigene Alterssicherungsleistung als Männer. Die Zahl der Väter, die Elterngeld beziehen, ist aber beispielsweise auf über 20 Prozent angestiegen.