Bochum. . Freie Hochzeitsredner werden bei Trauungen immer beliebter. Auch Radio-Bochum-Moderatorin Svenja Wahle hat den Boom-Markt für sich entdeckt.

  • Immer mehr Brautpaare engagieren für ihre Trauung einen freien Hochzeitsredner
  • Radio-Bochum-Moderatorin Svenja Wahle hat sich damit ein zweites Standbein geschaffen
  • Der Markt boomt,während die Zahl der kirchlichen Trauungen deutlich zurückgeht

Reden kann sie. Das beweist Svenja Wahle seit fast zehn Jahren als Moderatorin von Radio Bochum. Das zeigt sie neuerdings auch bei Hochzeiten. Als freie Rednerin reüssiert die 27-Jährige auf einem Markt, auf dem die Ja-Sager immer häufiger Nein zur Kirche sagen.

Die Zahl der kirchlichen Trauungen in Bochum sinkt seit Jahren deutlich (Info-Kasten unten). „Auf die feierliche Zeremonie wollen viele Brautpaare aber nicht verzichten“, weiß Svenja Wahle. Immer wieder fragten Freunde und Bekannte: „Kannst du bei unserer Hochzeit ein paar Worte sagen?“ Denn siehe oben: Reden kann die freiberufliche Redakteurin, bei den Vor- und Nachmittagssendungen von Radio Bochum ebenso wie samstags bei den „Ruhr-Charts“.

Anbieter sind ausgebucht

Die ersten Auftritte waren „okay, aber ausbaufähig“, erinnert sich die aus Langendreer stammende Lessing-Abiturientin. Im letzten Jahr besuchte sie ein Seminar für Hochzeitsredner. Denn Svenja Wahle hatte erkannt: „Das ist ein riesiger Markt. Es gibt zwar etliche Anbieter. Die sind an Wochenenden aber oft ausgebucht.“

Seit Mitte 2016 erklang die bekannte Radio-Stimme („Das ist mein Riesenvorteil“) auf zehn Hochzeitsfeiern. Vor dem Festtag hat Svenja Wahle die Paare mehrfach getroffen: zunächst bei einem unverbindlichen Vorgespräch, danach bei mehrstündigen Traugesprächen, die das Fundament für ihre individuelle Rede bilden. Die komme bei aller gebotenen Würde bei ihr oft humorvoll und locker daher. „Ich eigne mich nicht fürs Getragene und Gediegene. Das mögen gerade die Jüngeren sehr gern.“

Eine freie Trauung kann überall stattfinden

So sehr, dass immer mehr Aufträge eingehen – meist über ihre neu und liebevoll gestaltete Homepage www.hochzeitsrauschen.de, auf der sie aufführt, wo eine freie Trauung stattfinden kann: „in Eurem Garten, am Strand, in einem Schloss, im Wald und Schwimmbad, in einer Tropfsteinhöhle, im Stadion, in der Lieblingskneipe oder auf einem Bauernhof. Hauptsache Ihr fühlt Euch wohl. Auch die Uhrzeit spielt keine Rolle!“

Neben der Rede kümmert sich Svenja Wahle auch um die weitere Zeremonie. Der Preis, sagt sie, sei „für manche auf den ersten Blick abschreckend“. 800 Euro plus Steuern kostet ihre Dienstleistung. „Aber das ist marktüblich und angemessen. Man muss bedenken, dass 20 bis 30 Stunden Arbeit darin stecken. Ein Fotograf oder DJ sind mitunter deutlich teurer. Und: Was gibt es Wichtigeres als die Traurede?“

Probst sieht „Konkurrenz“ locker

Probst Michael Ludwig steht der freiberuflichen „Konkurrenz“ betont offen gegeben. Er wolle und dürfe nicht mit dem moralischen Zeigefinger daherkommen. Von einer „ganz normalen säkularen Entwicklung“, spricht der katholische Geistliche. „Eigentlich“, sagt der Probst im WAZ-Gespräch, „finde ich freie Hochzeitsredner sogar gut. Die Leute können fair entscheiden, wie sie heiraten möchten. Es ist viel ehrlicher, als wenn mich jemand religiös belügt – etwa Paare, die das Setting in der Kirche schön finden und den religiösen Entertainer halt in Kauf nehmen.“

>>DIE ZAHL KIRCHLICHER TRAUUNGEN IST ZURÜCKGEGANGEN

  • 1394 standesamtliche Eheschließungen hat es im vergangenen Jahr in Bochum gegeben.


  • 143 evangelische Trauungen waren es in 2015.

  • 175 katholische Trauungen gab es im vorletzten Jahr. Das sah Anfang der 1970er Jahre noch ganz anders aus.

  • 1038 waren es damals bei den Katholiken im Jahr 1970 in ganz Bochum.

  • 300 katholische Ehen wurden in 2001 geschlossen, 2004 waren es 191.