Bochum. . Unfallflucht ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat. Trotzdem steigen Jahr für die Fallzahlen. Die Polizei Bochum will das nun ändern.

  • 2016 registrierte die Polizei fast 3000 Unfallfluchten, viele der Straftäter werden nie ermittelt
  • 17 Beamte sind in der Behörde mit der Aufklärung von Fahrerfluchten beschäftigt
  • Polizei will künftig intensiver an den Fällen arbeiten und so mehr Täter ausfindig machen

Wer ein parkendes Auto beschädigt, aber nur einen Zettel hinterlässt, begeht Unfallflucht -- eine Straftat. Und davon gibt es in Bochum immer mehr. Die Fallzahlen steigen seit 2013 kontinuierlich an – von damals 2427 auf 2855 im vergangenen Jahr. Hinzu kommt eine Dunkelziffer, denn nicht alle Geschädigten erstatten Anzeige. Und nicht alle merken überhaupt, dass ihnen jemand den Lack abgekratzt oder eine Delle in die Karosserie gedrückt hat.

Die Polizei reagiert jetzt auf den Anstieg der Fälle. Sie wird intensiver recherchieren, zum Beispiel „Klinkenputzen“, in der Nachbarschaft herumhören, ob jemand etwas gesehen hat. Zeugen, sagt Polizeihauptkommissarin Claudia Rathke, sind das beste Mittel, um die Täter zu erwischen.

Bis zu 80 neue Fälle pro Tag

Pro Tag flattern den 17 Polizeibeamten, die mit der Klärung von Unfällen betraut sind, zwei bis fünf neue Fälle auf den Tisch – jeweils. Die Mehrzahl der Fälle sind „tote Vögel“, wie es im Jargon heißt. Fälle ohne Ermittlungsansatz. Die Aufklärungsquote bei den Fällen mit Sachschaden liegt bei rund 40 Prozent. Die anderen Täter aber werden, teils mit enormem Aufwand, erwischt und bekommen ein Strafverfahren. Der Strafrahmen: Geldstrafe oder bis zu drei Jahre Haft.

Die meisten Fahrerfluchten werden nach Parkremplern begangen. Diese sind oft nicht schwer, andererseits kostet auch ein neuer Außenspiegel wegen der Technologie darin oft viele hundert Euro – genau sowie eine Ausbeulung samt Lackierung. Der Geschädigte bleibt auf den Kosten oft sitzen bzw. muss die Selbstbeteiligung seiner Kaskoversicherung zahlen. Vom ganzen Papierkram und Ärger zu schweigen.

Folie dokumentiert feinste Spuren

Nur die wenigsten Täter geben die Fahrerflucht zu. „Hab’ nichts bemerkt“, sagen sie, wenn die Polizei sie doch erwischt. Auch der ältere VW-Fahrer, der am Freitag nach einem Zeugenhinweis ins Präsidium vorgeladen war samt Pkw, will eine Kollision mit einem Verkehrsschild nicht mitbekommen haben. Die Polizei klebt sein Auto mit einer „Spurfix-Folie“ ab. Darauf werden feinste Partikel dokumentiert. Unter dem Mikroskop finden sich stark belastende Spuren – auch Zink vom Verkehrsschild. „Ich bin der Meinung, dass man das merkt, auch bei kleinen Sachen“, sagt Polizeihauptkommissarin Rathke. „Das knirscht und knarzt.“

Neben der Spurfix-Folie, mit denen die Polizei Spurenabgleiche macht, greift sie auch auf Überwachungskameras, Handy-Fotos und Spurengutachten zurück. Wird ein Täter überführt, zahlt er auch das Gutachten, das teuer ist.

Am besten immer die Polizei informieren

Unfallfluchten, sagt Claudia Rathke, werden nicht nur aus finanziellen Gründen begangen. Sondern auch, weil die Täter unter Zeitdruck stehen oder aus rein familiären Gründen: Niemand gibt zu Hause gerne zu, einen Unfall gebaut zu haben – deshalb stellt man sich einfach selbst als Geschädigter dar. Oder er will verbergen, dass er unter Rauschmitteln stand.

Hat es einmal gekracht, ist aber immer das Beste und Fairste: Sofort die Polizei informieren. Einen Zettel hinterlassen reicht deshalb nicht, weil die Kontaktdaten einen Fehler beinhalten oder nicht lesbar sein könnten. Erlaubt ist, nach dem Unfall kurz auf den Geschädigten zu warten und die Schadensbegleichung dann ohne Polizei zu regeln. Es besteht aber die Gefahr, dass jemand übervorteilt wird. Bei Unfallfluchten mit Verletzten (57 Fälle gab es im Jahr 2016 in Bochum) ist die Aufklärungsquote viel höher als bei bloßen Sachschäden: Sie beträgt 78,95 Prozent.