Bochum. Die Arbeit der Übersetzer ist zudem in Gerichtsverfahren wichtig. Besonders bei seltenen Sprachen oder Dialekten wird es schwierig.
- Präsidium hat Dolmetscherdienste in mehr als 45 Sprachen für die nächsten vier Jahre ausgeschrieben
- Die Nachfrage reicht von „A“ wie afrikanische Sprachen bis „W“ wie Weißrussisch
- Auch im Landgericht gehen Dolmetscher ein und aus, sie sind in Gerichtsverfahren wichtig
Köln hat es gerade erledigt. Münster auch. Und jetzt ist auch die Polizei in Bochum wieder auf der Suche. Das Präsidium hat die Dolmetscherdienste in mehr als 45 Sprachen für die nächsten vier Jahre ausgeschrieben. Denn: Ohne Übersetzer könnten viele Befragungen und Verhöre überhaupt nicht durchgeführt werden.
360.000 Euro gibt das PP Bochum jährlich für Dolmetscher aus. Bei einem durchschnittlichen Stundensatz von 70 Euro, so sieht es die Justizvergütungssatzung vor, wären das 5143 Stunden. Tatsächlich sind es wohl sogar noch mehr, weil es keine verbindliche Gebührenordnung wie etwa bei Anwälten gibt und häufig der „billigste“ Anbieter den Zuschlag erhält, so Brigita Balkyte, Vorstandsmitglied im Landesverband NRW des Bundesverbandes der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) und zuständig für Justiz- und Strafverfolgungsbehörden.
Häufig werden ost- und südeuropäische Experten benötigt
Von „A“ wie afrikanische Sprachen bis „W“ wie Weißrussisch reicht die Nachfrage des Polizeipräsidiums nach Sprachvermittlungsdiensten; darunter sind für uns so bekannte Sprachen wie Englisch oder Spanisch, weniger bekannte wie Dari (Afghanistan) und Punjabi (Pakistan), aber auch ein Dialekt wie Schlesisch. Häufig werden ost- und südeuropäische Experten benötigt, so Polizeisprecher Volker Schütte. Aber auch Dolmetscher für Arabisch „haben momentan alle Hände voll zu tun“, sagt BDÜ-Vorstandsmitglied Brigita Balkyte.
Täglich ein und aus gehen die Sprachvermittler im hiesigen Polizeipräsidium. Dabei „ist es manchmal gar nicht so einfach herauszufinden, welcher Dolmetscher benötigt wird“, sagt Sprecher Volker Schütte. „Meistens geht das aber mit Händen und Füßen und ein paar Brocken Englisch.“ Ihm sei jedenfalls kein Fall bekannt, in dem nicht rechtzeitig ein Dolmetscher zur Verfügung stand. Das ist etwa bei Festnahmen wichtig. Denn festhalten darf die Polizei einen Verdächtigen zunächst nur bis Mitternacht des Tages nach der Festnahme.
Schwierig wird es, wenn ein bestimmter Dialekt gesucht wird
Besonders schwierig wird es dann, wenn ein bestimmter Dialekt gesucht wird. So erinnert sich Volker Talarowski, Sprecher des Landgerichts Bochum, an einen Prozess gegen Georgier, die Swanisch sprachen; eine Sprache aus der Familie der südkaukasischen Sprachen, die von gerade einmal knapp 30.000 Menschen beherrscht wird und für die es in ganz Deutschland lediglich zwei Dolmetscher gibt.
Auch im Landgericht gehen Dolmetscher ein und aus. Zahlen über die jährlichen Vergütungen liegen dort aber nicht vor, weil die Honorare den gesamten Kosten der einzelnen Verfahren zugeordnet werden.
Dolmetscher müssen kurzfristig verfügbar sein
Polizei und Gericht sind auf die vertraglich gebundenen Dolmetscher und auf Listen von Anbietern angewiesen. „Eine kurzfristige Verfügbarkeit zu jeder Zeit an Werk- und Feiertagen sowie an Wochenenden ist vertraglich festgehalten“, sagt Brigita Balkyte. Flexibilität, Erreichbarkeit und schnelle Verfügbarkeit am Einsatzort seien ebenso wie hervorragende Sprachkenntnisse und ein fundiertes Wissen der Rechtsterminologie und der Rechtssysteme die Voraussetzung.
Das weiß auch Ester Berretta. Mehr als 50 Jahre arbeitet die Bochumerin schon als Dolmetscherin . „Die Verantwortung der Dolmetscher ist sehr groß.“ Erst unlängst sei in Italien ein Mann aus dem Gefängnis entlassen worden, der wegen Mordes 21 Jahre unschuldig in Haft gewesen sei. Es habe sich herausgestellt, dass er einen Dialekt spreche, der bei der Gerichtsverhandlung nicht richtig übersetzt worden sei. Für sie stehe fest: „Wenn ich einen Dialekt nicht verstehe, dann darf ich nicht übersetzen.“