Bochum. Das wegen versuchter Erpressung des Discounters Lidl angeklagte Paar hat ein Geständnis abgelegt. Allerdings nicht in jedem Punkt.
- Das Paar, das den Discounter Lidl mit Rohrbomben zu erpressen versucht haben soll, ist weithin geständig
- Die 54-jährige Angeklagte tat sich mit ihrem Geständnis schwer, räumte dann aber doch immer mehr ein
- Ihr 48-jähriger Verlobter betonte aber: „Ich hatte nie vor, einen Menschen zu töten oder zu verletzen“
„Ein gutes Leben. Sorgenfrei.“ Das war, sagte die 54-jährige Angeklagte, das Ziel der Lidl-Erpressungen. Am Donnerstag legte die Frau aus Gelsenkirchen vor dem Bochumer Schwurgericht ein weitgehendes Geständnis ab. Und auch ihr mitangeklagter Verlobter (48) räumte ein: „Die Anklage ist richtig, außer dem Vorwurf des versuchten Mordes. Ich hatte nie vor, einen Menschen zu töten oder zu verletzen.“
Dem Paar wird vorgeworfen, 2012 an der Außenwand zweier Lidl-Filialen in Wattenscheid und Bottrop und im April 2016 in einer Lidl-Filiale in Herten eine selbstgebastelte Rohrbombe gezündet und mehrere tausend Euro Sachschaden angerichtet zu haben. In Herten wurde eine Mitarbeiterin durch umherfliegende Teile am Bein verletzt und erlitt ein Knalltrauma.
„Ich habe gezittert am ganzen Körper“
Laut Anklage
forderte das Paar zehn Millionen Euro - sonst gebe es weitere Anschläge. Tatsächlich wurde nach und nach mehr als eine Million Euro auf ein Pre-Paid-Kreditkarten-Konto überweisen. Abgehoben wurden aber nur 1800 Euro. Dabei hatten sich die Angeklagten maskiert. „Ich habe gezittert am ganzen Körper. Ich hatte eine Pappmaske auf“, sagte die Angeklagte.
Seit Juli 2016 sitzt das Paar in U-Haft – da wurde es gefasst
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Anders als der Angeklagte, der reinen Tisch machte, mühte sich seine Verlobte sehr bei ihrem Geständnis: „Ich war nicht richtig involviert. Ich habe das nicht ernst genommen. Da war nichts Reales.“ Weil die Beweislage gegen sie aber erdrückend sein soll, ließ sich Richter Josef Große Feldhaus das nicht bieten. „Wenn Sie so weitermachen, kriegen Sie ein Problem bei der Strafzumessung.“ Danach räumt die Frau immer mehr ein.
Angeklagte scheint Verletzung eines Opfers zu verdrängen
„Das Geld war knapp“, sagte die frühere Spielhallenaufsicht. Zur Tatzeit war sie wie ihr Verlobter arbeitslos. Da kam die Idee auf, Lidl zu erpressen. Das Schwarzpulver der Rohrbomben stammte aus Silvesterknallern. Die Sprengsätze wurden per Zündschnur oder per Handy zur Explosion gebracht. In Herten legte die Frau die Bombe persönlich in den Abfalleimer der Leergutannahme. „Ich habe geguckt, dass da keiner ist“, sagte die Angeklagte. Es war aber doch jemand da, eine Mitarbeiterin, die Sekunden später zu Schaden kam. Die Angeklagte scheint das bis heute auszublenden: „Ich bin froh, dass niemand verletzt worden ist.“
Aus heutiger Sicht sei die Erpressung „eine dumme Idee“ gewesen. „Ich hatte Gedanken gehabt, dass das niemals funktioniert. Ich hatte Schuldgefühle.“
Der Prozess wird fortgesetzt.
>> Info: In der U-Haft verfasste die Angeklagte eine Lügenstory
In der Haft hatte die Angeklagte einen Brief verfasst , in dem sie relativ detailliert einige Rumänen als Strippenzieher der Erpressung darstellt. Das war allerdings nur eine frei erfundene Story.
„Ich habe mir die Geschichte ausgdacht, um meinen Partner zu schützen. Das war alles Quatsch “, sagte die 54-Jährige vor dem Schwurgericht.