Bochum. . Mit dem Kneipensterben gehe eine „Revier-Kultur“ unter, meinen Bochumer Wirte. Schuld sei das Rauchverbot. Ärzte aber warnen vor Lockerungen.
- Das Nichtraucherschutzgesetz habe das Kneipensterben befeuert, sagt der Gaststättenverband
- Mediziner hingegen stellen die gesundheitlichen Vorteile heraus
- Im Bermuda-Dreieck wird längst dauerhaft unter freiem Himmel gepafft
Das Haus Stang in Hamme ist dicht. Eine weitere Traditionsgaststätte, in denen die Zapfhähne für immer hochgedreht werden. Das hat nicht nur, aber auch mit dem Nichtraucherschutzgesetz zu tun. Vor zehn Jahren begann die Bundesregierung damit, den blauen Dunst aus der Gastronomie zu verbannen. „Die Auswirkungen insbesondere für die klassischen Kneipen sind bis heute verheerend“, sagt Cemo Karahan, Regionalchefin des Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga).
1785 Betriebe mit Alkoholausschank wies die Statistik des Ordnungsamtes 2007 aus. Aktuell sind es noch 1574: Ausweis des Kneipensterbens, das zwar vielfältige Gründe habe, spätestens durch das generelle Rauchverbot ab 2013 „aber befeuert wurde: Quasi als Brandbeschleuniger“, meint Cemo Karahan. Während die Restaurants mit dem Gesetz weitgehend leben könnten und eher mit Personalnot und Mindestlohn-Dokumentation zu kämpfen hätten, sei die typische Eckkneipe eine aussterbende Art. Vor allem in den Außenbezirken mussten viele Gaststätten aufgeben. Die Raucher trinken lieber daheim ihr Bier.
„Revier-Kultur stirbt schleichenden Tod“
„Meine Eltern wohnen in Günnigfeld. Da gab’s früher 13 Kneipen. Heute ist es noch eine. Eine komplette Revier-Kultur stirbt einen schleichenden Tod“, bestätigt Dirk Steinbrecher, Geschäftsführer der IG Bermuda-Dreieck. Doch auch in zentraler Lage sei das Rauchverbot mancherorts „eine Katastrophe“, sagt Steinbrecher. Zwar sei das Ausgehviertel nach wie vor gut besucht. Zwar hätten zahlreiche Bermuda-Treffs aus der Not eine Tugend gemacht und ihre Außengastronomie (hier darf noch gepafft werden) zum Ganz-Jahres-Betrieb umgewandelt. „Schwieriger ist dennoch geworden, gerade für die getränkelastigen Betriebe.“
Beispiel: der Intershop, der Dino im Dreieck, bei Nachtschwärmern nicht selten die letzte An- und Zulaufstation. Eine Kippe gehörte über Jahrzehnte dazu. Vergangenheit. „Das ist nicht einfach“, weiß Dirk Steinbrecher. „Drinnen darf man trinken, aber nicht rauchen, draußen darf man rauchen, aber nicht trinken, weil es Klagen wegen Lärmbelästigung gibt.“
Auch Passivrauchen birgt Gefahren
Eine Rückkehr zum anfänglichen Kompromiss mit abgetrennten Raucherbereichen wäre für Steinbrecher und seine Kollegen wünschenswert. „Nein! Das Gesetz muss so streng bleiben wie es ist“, warnt Dr. Jan-Peter Thomas, Oberarzt an der HNO-Universitätsklinik im St.-Elisabeth-Hospital, vor jeglicher Aufweichung. Es sei zweifelsfrei erwiesen, dass nicht nur das Rauchen, sondern auch das Passivrauchen das Risiko für Lungenkrebs und andere schwerwiegende Erkrankungen deutlich erhöhe. Jedes Gesetz, jedes Verbot sei zu begrüßen. Der Erfolg sei da. „Der allgemeine Rückgang bei den aktiven Rauchern wird sich in einigen Jahren auch bei den Lungen- und Kehlkopfkrebserkrankungen zeigen.“