Langendreer. . Psychosoziale Hilfe ist seit mehr als 25 Jahren an der Stiftstraße in Langendreer beheimatet. Stadt sucht Alternative – sie will das Grundstück verkaufen.

Emotional ging es zu Beginn der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Ost zu. Erstmals wurde die Einwohnerfragestunde genutzt, und dann gleich von einer großen Gruppe, so dass immer wieder neue Stühle besorgt werden mussten. Die Besucher des Vereins Psychosoziale Hilfen Bochum hatten sich im Vorfeld an die Bezirksvertretung gewandt, um in Erfahrung zu bringen, was mit dem Standort an der Stiftstraße passieren soll. Ihnen war nämlich zu Ohren gekommen, dass die Stadt als Besitzer der Immobilie sie dort heraus haben möchte.

Die Antwort, die sie vor Beginn der Sitzung von Ingbert Ridder, dem Leiter des Liegenschaftsamtes, persönlich bekamen, sollte beruhigen. Sie tat dies allerdings nur zum Teil. Denn dass die Stadt mit dem Grundstück, das die Psychosozialen Hilfen seit mehr als 25 Jahren nutzen, anderes vorhat, ist Fakt. Allerdings brauchte Ridder im Laufe der Diskussion ziemlich lange, um Klartext zu reden. Anfangs sprach er noch von „keinen konkreten Überlegungen für eine Umnutzung“, später von einer „denkbaren anderen Nutzung“, und erst ganz am Ende rückte er damit heraus, dass es das Ziel sei, abzureißen und neu zu bauen.

Sanierung ist der Stadt zu teuer

Allerdings nicht, bevor für die Psychosozialen Hilfen eine annehmbare Alternativ-Lösung gefunden ist. Ridder: „Es wird keine Kündigung geben.“ Eine Möglichkeit, ‘rüber ins Bürgerhaus Ost in Werne zu siedeln, kommt aus Sicht des Vereins nicht in Frage – es passt räumlich nicht. Ohnehin wolle man lieber an der Stiftstraße bleiben.

Identifikation durchs Mitmachen

Die Psychosozialen Hilfen Bochum e.V. suchen psychisch kranke Menschen mit Depressionen, Psychosen, Phobien und Ängsten jeglicher Art auf. Behandelt werden sie hier nicht.

Die Räume und der große Garten dienen den Besuchern als Rückzugsort, an dem sie wieder Struktur in ihr Leben bekommen. Hier wird gemeinsam gekocht, eingekauft, organisiert, im Garten gearbeitet etc. Der sozialtherapeutische Gedanke dahinter: Identifikation durchs Mitmachen.

Gegründet wurde der Verein 1979 von der Bochumer Kreisgruppe des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, in dem man heute aktives Mitglied ist.

„Wir fühlen uns dort heimisch. Der Ort trägt sehr zu unserer Gesundung bei“, sagte Besucherin Birgit Kreska. Sie ist eine von rund 90 Personen, die regelmäßig die Einrichtung in Langendreer aufsuchen. „Was hier funktioniert, funktioniert auch nur hier“, findet Franziska Niedmann, die seit zwei Jahren regelmäßige Besucherin der Psychosozialen Hilfen ist. Sie kenne viele psychiatrische Einrichtungen, doch „keine ist wie diese hier“. Vor allem der riesige, nicht einsehbare Garten ist für sie – und für viele andere – ein wichtiger Rückzugsort.

Die Bedeutung der Psychosozialen Hilfen seien ihm durchaus bewusst, sagte Ingbert Ridder: „Wir sind dankbar, dass es dieses Angebot über den Verein gibt.“ Schließlich spielen die Psychosozialen Hilfen eine wichtige Rolle im Rahmen der Eingliederungshilfe. Doch das Gebäude sei äußerst sanierungsbedürftig. Und die Nutzung der inzwischen freigezogenen oberen Etage – wie vom Verein gewünscht – wegen der Brandschutzbestimmung nicht möglich. Ridder: „Aufgrund des schlechten baulichen Zustands lohnt eine Investition in die Sanierung eigentlich nicht.“

Feuchte Keller, veraltete Heizung

Das finden die Besucher der Psychosozialen Hilfen schon. Sie wissen natürlich um den feuchten Keller, die veralteten Heizungen und die undichten Fenster, stellen aber eine ganz andere Frage: „Warum ist in all den Jahren denn nie etwas gemacht worden?“

Das letzte Wort über die weitere Vermarktung des Grundstücks wird die Bezirksvertretung Ost haben. SPD-Fraktionssprecher Dirk Meyer forderte die Verwaltung schon mal auf, die Kosten für eine mögliche Sanierung detailliert aufzulisten. Fortsetzung folgt.