Bochum. . 19-jährigem war Tapetenlöser ins Auge gespritzt. Sein Vater brachte ihn zum Krankenhaus. Dort wurde das Auge jedoch nicht behandelt. Der augenärztliche Notdienst war zuständig.
- Patient verletzte sein Auge mit einem Tapetenlöser
- Augenklinik sah aber keine Gefahr für das Auge, empfahl Gang zum augenärztlichen Notdienst
- Vater des Verletzten hätte erwartet, dass Klinikarzt sich das Auge wenigstens ansieht
Es passierte beim Tapezieren. Marcel Marquitan spritzte am frühen Abend eine satte Ladung des Tapetenlösers in die Augen. „Er hat nichts mehr gesehen und klagte über einen brennenden Schmerz“, berichtet Vater Holger, der mit seinem Sohn die Notaufnahme des Knappschaftskrankenhauses Langendreer in Bochum aufsuchte. Hilfe habe der 19-Jährige dort aber nicht erfahren: „Wir wurden weggeschickt, ohne dass ein Arzt die Augen untersucht hat.“
Notaufnahme oder Ärztlicher Bereitschaftsdienst? Noch immer sind viele Menschen unsicher, wer bei akuten Erkrankungen oder Verletzungen zuständig ist. Holger Marquitan machte eigentlich alles richtig. Nach dem Missgeschick beim Tapezieren wählte er zunächst die zentrale Nummer des Ärztlichen Notdienstes 116 117. „Die Leitung war aber ständig besetzt. Ich hatte Angst um meinen Sohn. Der Tapetenlöser enthält ja sicher auch Chemikalien.“
Krankenhaus weist Kritik zurück
Daher setzte er sich ins Auto und raste in die Augenklinik in Langendreer. „Unglaublich“ sei, was Vater und Sohn dort erlebten. „Nachdem ich bei der Aufnahme erzählt hatte, was passiert ist, weigerte sich der diensthabende Augenarzt, Marcel zu untersuchen. Wir wurden zurück an den Ärztlichen Notdienst verwiesen. Dabei konnte zu diesem Zeitpunkt niemand wissen, wie schwerwiegend die Verletzung war“, schildert Holger Marquitan.
Das Knappschaftskrankenhaus weist die Kritik zurück. Als Vater und Sohn in der Notaufnahme auftauchten, sei der diensthabende Augenarzt „mit der Nachbehandlung eines operationspflichtigen, massiven Notfalls“ beschäftigt gewesen. Dem Vater sei gesagt worden, dass eine Behandlung zwar möglich, aber mit einer deutlich längeren Wartezeit verbunden sei. „Alternativ wurde er auf den Augenärztlichen Notdienst hingewiesen.“
Klinik: Vorgehen war völlig korrekt
Das Vorgehen sei korrekt gewesen. Der Kontakt mit dem Tapetenlöser sei zwar schmerzhaft. Für das Auge des Patienten habe jedoch „zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr bestanden“. Die verstärkte Tränenflüssigkeit, zusätzlich das Auswaschen mit klarem Wasser, verhelfe zu schneller Linderung: kein Fall für die Notambulanz, in der grundsätzlich nur „gravierende Notfällen“ versorgt werden sollen.
Für nicht lebensbedrohliche Verletzungen und leichtere Beschwerden ist der Augenärztliche Notdienst zuständig. „Etlichen Patienten ist diese Arbeitsteilung noch immer nicht bekannt“, beobachtet Dr. Dirk Wefelmeyer, niedergelassener Augenarzt an der Markstraße. Allzu viele Patienten steuerten auch mit harmloseren Leiden nach wie vor direkt die Augenklinik in Langendreer an. „Uns erreichen dann Anrufe wie: ,Ich stehe in der Klinik. Die wollen mich nicht behandeln. Können Sie mich untersuchen?’ Würden die Menschen sofort zu uns kommen, wäre allen geholfen.“
Auch Marcel Marquitan war alsbald schmerzfrei. Von Langendreer aus steuerten Vater und Sohn Dr. Wefelmeyer in Weitmar an, der an dem Abend Notdienst hatte. „Wir hatten Glück. Die Verletzung im Auge war nicht so schwerwiegend wie anfangs befürchtet“, sagt Holger Marquitan, hält an der Kritik an der Augenklinik aber fest: „Der Arzt hätte sich meinen Sohn wenigstens angucken müssen.“