Bochum. Eine 30-jährige Bochumerin kritisiert das Jobcenter. Mit Verweis auf ihre Depression habe man ihr eine Weiterbildung verweigert. Die Behörde widerspricht.

Mit ihrer Mutter hat sie ihre Großeltern gepflegt. „Da wusste ich: Das möchte ich auch beruflich machen“, sagt Cirsten Hahn. Doch das Jobcenter habe ihr eine Weiterbildung zur Demenzbetreuerin verweigert. „Allein deshalb, weil ich unter Depressionen leide“, klagt die 30-Jährige. Das Jobcenter widerspricht. „Von einer generellen Ablehnung kann keine Rede sein“, sagt Teamleiterin Michaela Claas.

Seit 2013 ist Cirsten Hahn arbeitslos. Gesundheitliche Einschränkungen (u.a. einen Bandscheibenvorfall) macht die gelernte Verkäuferin dafür verantwortlich. Seit Juni leidet sie zusätzlich an Depressionen, ist in der LWL-Uniklinik in ambulanter Behandlung.

Trotz der depressiven Schübe will die Wattenscheiderin beruflich neu durchstarten. Ihr großer Wunsch: eine Stelle als Demenzbetreuerin. „Für andere da zu sein: Das ist es, was ich gerne will.“ Ihre psychische Erkrankung stehe ihr dabei keinesfalls im Weg. „Im Gegenteil: Beruflich wieder Fuß zu fassen, würde mich eher stärken.“

Vorherige Beratung ist bindend

Eine berufliche Weiterbildung soll die Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich verbessern. „Daher bewilligen wir Leistungen nur dann, wenn man sich vorher durch den Arbeitsvermittler hat umfassend beraten lassen“, betont das Jobcenter.

Je nach Maßnahme kann ein Eignungstest notwendig sein.

Bis Jahresende will das Jobcenter in Bochum 860 berufliche Weiterbildungen per Bildungsgutschein finanzieren. So lautet der Zielwert der Behörde.

Bei einem Weiterbildungsinstitut an der Castroper Straße entdeckte Cirsten Hahn ein passendes Angebot: zehn Wochen, Vollzeit, inklusive Praktikum. „Die Aussichten auf einen späteren Job sind sehr gut. Und: Man verdient 1400 Euro brutto.“ Umso enttäuschter sei sie gewesen, als das Jobcenter die Kostenübernahme versagt habe: „wegen meiner Depressionen, wurde mir ausdrücklich gesagt. So darf man doch niemandem eine Chance nehmen!“

Teilzeit-Kurs wurde angeboten

„Tun wir auch nicht“, entgegnet Michaela Claas. Sehr wohl hätte das Jobcenter der Kundin die Möglichkeit geboten, an der Weiterbildung teilzunehmen: „Der Bedarf in der Pflege ist tatsächlich groß.“ In einem in dieser Woche startenden Kurs mit zertifiziertem Abschluss wäre ein Platz frei gewesen. Wie bei allen Förderungen per Bildungsgutschein üblich, hätte Cirsten Hahn zuvor lediglich ein ärztliches Attest über ihre gesundheitliche Eignung vorlegen müssen. „Das ist nicht geschehen. Stattdessen hat sie sich bei einem anderen Träger angemeldet“, sagt Michaela Claas und weist den Vorwurf zurück, eine Depression habe eine Rolle gespielt: „Sonst hätten wir ihr die Weiterbildung zur Betreuerin wohl kaum angeboten.“

Cirsten Hahn verweist darauf, dass die vom Jobcenter vorgeschlagene Maßnahme in Teilzeit läuft. „Ich will gern schneller zurück ins Berufsleben.“ Den Vollzeit-Lehrgang zahlt sie aus eigener Tasche – vorerst, wie sie bekräftigt. Sie wolle einen Anwalt einschalten, um das Geld zurückzufordern. Die Behörde macht Cirsten Hahn derweil ein anderes Angebot: „Im November beginnt ein weiterer Kurs. Sind die Voraussetzungen erfüllt, könnte die Kundin daran teilnehmen.“