Bochum. . Oberbürgermeister begleitete 20 WAZ-Leser beim Gang durch Keller und Flure. Staunen über Zellen und Luftschutzräume. Gruppenfoto auf dem Balkon.

• Oberbürgermeister Thomas Eiskirch führte 20 WAZ-Leser durch das Rathaus
• Früher waren dort auch die Polizei und die Sparkasse Untermieter
• Kriminelle wurden deshalb früher auch in Zellen im Keller des Rathauses festgehalten

Thomas Eiskirch will nicht in den Knast. „Das sind Bilder, die man als Politiker nie machen sollte“, grinst der Oberbürgermeister und mag für den WAZ-Fotografen das einstige Kittchen besser nicht betreten. Derweil staunen die Leserinnen und Leser, dass es im Keller des Verwaltungstempels tatsächlich vergitterte Gefängniszellen gibt: einer von vielen Aha-Momenten einer exklusiven Rathaus-Führung.

Spanisches Kloster lieferte Vorbild

Seit neun Monaten ist Thomas Eiskirch im Amt. Mehr Bürgerbeteiligung hat sich der 45-Jährige auf die SPD-Fahne geschrieben. Dazu gehört ein transparentes, offenes Rathaus. „Hereinspaziert!“, lud der OB daher zusammen mit der WAZ in dieser Woche erstmals zu einer Besichtigung ein. Als Reiseleiter fühlt er sich zwar nicht berufen: „Dazu kenne ich mich noch zu wenig aus.“ Mit Markus Lutter und Heike Lettau (Amt für Kommunikation) stehen aber zwei Verwaltungsprofis bereit, die die 20 WAZ-Leserinnen und -Leser (sie haben die Teilnahme bei einer Verlosung gewonnen) ans Händchen nehmen.

Zuvor gibt’s einen historischen Abriss. 1931 eröffnet, ist das Rathaus die Nummer 6 der Stadtgeschichte (der Vorgänger prangte auf dem heutigen Vorplatz). Architekt Karl Roth orientierte sich mutmaßlich an der spanischen Klosteranlage El Escorial. Anfangs gab es Dienstwohnungen (Frank Goosens geliebte Omma lässt grüßen).

Früher war auch die Polizei im Rathaus

Polizei und Sparkasse waren bis in die 50er Jahre hinein Untermieter. Davon zeugt der Abstieg in den Keller. Die früheren Arrestzellen der Wache sind komplett erhalten; statt Übeltätern schlummern hier Akten. „Befehlsstelle“ und „Fernsprechraum“ lauten die Aufschriften auf den massiven Pforten: Relikte aus dem 2. Weltkrieg, in dem der Rathauskeller als Luftschutzbunker für die Stadtoberen mit eigenem Belüftungssystem diente.

Von der Wirtschaftswunderzeit kündet der Tresorraum, in dem die Lohntüten gefüllt und von bewaffneten Boten zur Auszahlung in den Kassenraum (heute Standesamt) gebracht wurden. „Bargeldlos lief ja noch nichts“, weiß Lutter. Auch hier: jede Menge verstaubte Akten. Aber auch Kassenbücher aus den 40er Jahren, in denen handschriftlich penibel dokumentiert ist, wer der Stadt wieviel Geld schuldet.

Kaum 20 Schritte weiter geht’s aus der Unter- in die High-Tech-Welt. Ein menschenleerer Serverraum mit rot blinkenden Bildschirmen mutet an wie der Kommandostand des Raumschiffs Enterprise. Die Ampelschaltungen sämtlicher Hauptstraßen laufen hier zusammen. „Was geschieht wohl, wenn ich den Stecker ziehe?“, unkt ein Leser – und lässt es lieber.

Rathaus-Tour

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Das Glockenspiel (das auch „Yesterday“ drauf hat), der gute alte Paternoster (mit Besichtigung des reichlich verölten Umlaufs im Keller), der schmucke Repräsentationstrakt (bald mit Ausstellung des Künstlerbundes) und der Ratssaal markieren die weiteren Stationen, bevor die Führung im OB-Büro endet. Es ist nicht nur der Wunsch nach frischer Luft, der die WAZ-Gruppe auf den Balkon treibt. Der Blick auf den belebten Willy-Brandt-Platz ist gleichfalls verlockend. Die Geranien, die ihre Köpfe hängen lassen, sollten unbedingt gegossen werden, bemerkt eine Leserin. Möglichst nicht erst, wenn der VfL hier oben irgendwann wieder den Aufstieg feiert.