Bochum-Langendreer. . Nachbarn der Flüchtlingsunterkünfte beklagen unhaltbare Zustände. Indes verlängert die Stadt Bochum den Mietvertrag um zwei Jahre.

  • Am Wiebuschweg in Langendreer leben 212 Flüchtlinge in Wohnungen
  • Nachbarn beklagen, dass sich die Lebens- und Wohnqualität deshalb verschlechtert habe
  • Die Stadtverwaltung hört sich die Sorgen an und verspricht Besserung

Die Stimmung ist geladen bei der Bürgerversammlung, zu der Bezirksbürgermeisterin Andrea Busche (SPD) eingeladen hat. Um darüber zu informieren, wie es am Wiebuschweg weitergeht. Und um ein offenes Ohr für die Probleme der Anwohner zu haben, in deren Nachbarschaft (gerade Hausnummern) mittlerweile 212 Flüchtlinge wohnen. Als es vor einem Jahr losging, die leerstehenden Wohnungen der Vivawest mit Geflüchteten zu belegen, waren es noch 75.

Und diese sollten ursprünglich auch nur für ein Jahr – bis 31. Mai – dort untergebracht sein. Denn der Plan war es, den Wohnblock im Anschluss abzureißen, damit dort altengerechte Wohnungen gebaut werden können. Nun kommt alles anders: Die Stadt hat den Mietvertrag mit der Vivawest um zwei Jahre verlängert, weil man weiterhin dringend auf Wohnraum für Flüchtlinge angewiesen ist, will man nicht doch wieder Turnhallen belegen. „Erfahren haben wir davon erst aus der Zeitung“, echauffiert sich ein Anwohner.

Lärm, Müll, beschädigte Autos

Doch es wird in der emotionalen Runde nicht nur die mangelhafte Informationspolitik der Stadt angeprangert. Die geschilderten Probleme vor Ort sind vielfältig:. Flüchtlingskinder (105 leben am Wiebuschweg) spielen unbeaufsichtigt auf der Straße, klettern auf Autos und sind laut. Und das bis spät abends. „Auf dem Balkon hält man es nicht aus. Und Schlaf finden wir auch kaum“, moniert eine Anwohnerin, die jeden Morgen früh raus muss. Ein weiteres Ärgernis sind Fahrräder, die wild an Laternen gekettet werden, beschädigte Autos und Müll, der nicht getrennt und teils achtlos auf den Boden geworfen wird.

Andrea Busche, die in ihrer Rolle als Vermittlerin keinen leichten Stand hat, verspricht Besserung. Diese erhofft sie sich vor allem durch einen Sicherheitsdienst, der bald auch am Wiebuschweg für Ordnung sorgen soll. „In der Krachtstraße in Werne haben wir damit gute Erfahrungen gemacht.“ Dazu sollen Fahrradständer installiert und mehr Mülltonnen hingestellt werden.

Helfen, dass sich die Lage entspannt und man am Wiebuschweg aufeinander zu geht, soll zudem ein Straßenfest am 17. September. „Auch das hat in der Krachtstraße etwas bewirkt“, wünscht sich Andrea Busche in Langendreer einen ähnlichen positiven Effekt. Auf Hilfe vom vor einem Jahr gegründeten Netzwerk Flüchtlinge Langendreer kann sie dabei zählen. Sybille Leipold vom ehrenamtlichen Helferkreis setzt auf den Dialog unter allen Beteiligten: „Etwa beim monatlichen Begegnungscafé. Dort können einige Probleme dann vielleicht im persönlichen Gespräch aus der Welt geschafft werden.“

Workshop soll für Wohnfähigkeit sorgen

Um den Wiebuschweg – und nicht allein darum – kümmern sich gerade einmal zwei Sozialarbeiterinnen. Laut Heidemarie Maraun vom Sozialamt will ein Kulturverein in Kürze Workshops anbieten, um Flüchtlinge wohnfähig zu machen.

Nichts gelernt - Ein Kommentar von Gernot Noelle 

Dass Bürger – besonders im Zusammenhang mit der Flüchtlingsthematik – die mangelhafte Informationspolitik der Stadt kritisieren, ist wahrlich nichts Neues. Umso schlimmer, dass sich in dieser Hinsicht nichts getan hat. Das zeigt nicht nur das Beispiel Wiebuschweg. Während die Anwohner davon ausgehen, dass sich die Situation vor ihrer Haustür bald von allein entschärft, weil die Häuser ja abgerissen werden sollen, verlängert die Stadt heimlich um zwei Jahre. Und sagt nichts.

Wann immer und wo auch immer eine Bürgerversammlung stattfindet – es erklingt stets das selbe Bürger-Lied: „Wir fühlen uns schlecht informiert.“ Schlimm, dass die Verwaltung daraus nichts gelernt zu haben scheint.

Am Wiebuschweg ist nun wichtig, Präsenz zu zeigen, um die Lage zu beruhigen. Denn die Stimmung vor Ort wird erst besser, wenn sich etwas tut. Hier steht die Stadt in der Pflicht, ihre Bürger mit den Problemen nicht allein zu lassen.