Bochum. „Bring Back The Präp“. 400 Medizin-Studenten haben vor dem Audimax der Ruhr-Universität gegen den Ausfall der sogenannten Präp-Kurse protestiert.
Das Reimen ist nicht so ihr Ding. Aber die fast 400 jungen Menschen, die an diesem Montagmorgen vor dem Audimax der Ruhr-Universität selbstgemalte Protestschilder in die Höhe halten, wollen ja auch nicht Künstler sein oder Deutschlehrer werden.
Es sind angehende Mediziner, die sich zum lautstarken Protest versammelt haben. Sie setzen ihre Trillerpfeifen so nachdrücklich ein, als wollten sie im Alleingang für ausreichend Patienten für die zukünftigen Ohrenärzte unter ihnen sorgen. Fast alle tragen weiße Arztkittel, etliche Schilder mit Hinweisen wie diesen: „Ohne Präppen bleiben wir Deppen“; „Nerven gelb, Arterien rot, Venen blau – machen Bücher wirklich schlau?“
Es geht immer noch und wieder um den anhaltenden Ausfall der sogenannten Präp-Kurse. Seit dem vergangenen Wintersemester können die Anatomie-Kurse, in denen die Studierenden an Spenderkörpern arbeiten, an der Ruhr-Uni nicht mehr angeboten werden.
Konservierungsmittel Formalin gilt als krebserregend
Grund ist der herabgesetzte Luft-Grenzwert für das Konservierungsmittel Formalin, es gilt als krebserregend. Alle deutschen Universitäten, an denen Medizin studiert wird, hatten danach das Problem mit dem Erreichen der tolerablen Grenzwerte. Inzwischen aber haben offensichtlich nahezu alle anderen Universitäten zumindest eine Zwischenlösung gefunden. Nur an der Ruhr-Uni fallen diese Kurse weiterhin aus. Dagegen protestieren die Studierenden, sammeln sie Unterschriften. Die Präp-Kurse sind (ihnen) wichtig.
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„In echt ist das eben zum Teil völlig anders als in den Lehrbüchern“, sagt Maximilian Miller, Medizinstudent im zweiten Semester. „Da stimmen die Farben und Formen eben nicht immer.“ Jan Hermann, Medizinstudent im vierten Semester, kann ihm da nur beipflichten. „Diese praktische Erfahrung ist durch nichts zu ersetzen. Das kann man nicht an Modellen lernen.“
Darin sind sich ja auch alle einig. Die Lernenden. Die Lehrenden. Ärzte wie Prof. Dr. Richard Viebahn, Ärztlicher Direktor des Knappschaftskrankenhaus Langendreer und Leitender Arzt der Abteilung für Viszeralchirurgie im Uniklinikum, der zu den Studierenden spricht und ihren Protest auch mit einer Unterschrift unterstützt. „Wir unterstützen diesen Protest“, sagt auch Prof. Dr. med. Albrecht Bufe, Dekan der Medizinischen Fakultät der Ruhr-Uni. „Wir müssen immer wieder klar machen, wie wichtig diese Anatomiekurse sind. Die Studierenden üben, wie es ist, in den menschlichen Körper zu schneiden. Wenn sie das nicht im Studium üben können, müssen sie das später am lebenden Menschen ausprobieren. Das kann keiner wollen.“
Protestnote an NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft übergeben
Die Lösung des Problems aber gestaltet sich schwierig, wie Axel Schölmerich, Rektor der Ruhr-Uni, versucht deutlich zu machen. Spontan ist er zur Demonstration dazu gekommen und erklärt sich bereit, die inzwischen auf 800 Unterschriften angewachsene Protestnote persönlich an NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft zu übergeben. Darüber hinaus aber kann er den Studierenden auch nur sagen, „dass wir mit Hochdruck an einer Interimslösung arbeiten und hoffen, zum nächsten Semester wieder Präp-Kurse anbieten zu können“.
Das aber ist eben nur der eine Teil der Wahrheit. „Wir haben ein halbes Jahr verloren, und eine Lösung des Problems ist nicht leicht“, hat Schölmerich zuvor auch schon gesagt. Das allerdings nicht über Lautsprecher. „Es geht um ein 50 Jahre altes Gebäude. Das kann man nicht so einfach umbauen. Wir führen trilaterale Gespräche, sind im dauernden Austausch mit dem Bau und Liegenschaftsamt und dem Ministerium. Und es nutzt ja nichts, wenn wir jetzt Präp-Tische für 200 000 oder 300 000 Euro kaufen, und dann feststellen, dass auch da die Werte nicht stimmen. Die Tische kauft uns ja keiner wieder ab.“