Bochum. . Bochum hat zu wenig Gewerbeflächenpotenzial, sagt der RVR. Nun sollen geeignete Freiraumflächen identifiziert werden. Dagegen gibt es Widerstand.
82 Hektar Land fehlen Bochum nach Berechnungen des Regionalverbandes Ruhr, um bis zum Jahr 2034 genügend Gewerbeflächen zu entwickeln und so seinen Rückstand gegenüber dem Durchschnitt des Ruhrgebiets bei Ansiedlungen von Unternehmen, Arbeitsplatzentwicklung und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit aufzuholen. Land so groß wie 82 Fußballfelder, die „im Freiraum aktiviert werden müssen“, wie es in einer Verwaltungsvorlage heißt, zu der der Rat heute einen Grundsatzbeschluss fassen soll. Ackerfläche, Brachland, Wald, die in Flächenreserve umgewidmet und im Regionalplan des RVR eingearbeitet werden sollen. Das birgt Zündstoff.
„Wir waren völlig überrascht von dem Papier“, sagt Fraktions-Geschäftsführer Frank Taschner. Daher beantragen die Grünen vor fünf Wochen, die Beratung bis zur kommenden Ratssitzung zu verschieben. Es bestand Klärungsbedarf. Schließlich hatte die Verwaltung trotz der gestiegenen Gewerbeflächenprognose des RVR noch im Februar dem Ausschuss für Strukturentwicklung signalisiert: „Von zentraler Bedeutung für die gewerbliche Entwicklung der Stadt Bochum ist der Abbau der Restriktionen auf den bestehenden Flächenreserven. Die vom RVR jetzt neu ermittelten Zahlen lassen sich nicht annäherungsweise raumverträglich im Freiraum entwickeln.“ Allerdings, so heißt es in der Mitteilung, sei „jetzt der Zeitpunkt, um auch die Diskussion über potenzielle Ergänzungen zu führen“.
Liste mit Flächenvorschlägen im Juni
Und genau die steht jetzt an. „Für die Positionierung der Stadt Bochum gegenüber dem RVR ist bis zu den Sommerferien eine politische Auseinandersetzung mit potenziellen neuen Flächenreserven vordringlich“, so die Verwaltung. Die Politik steht vor einem heißen Juni: Dann nämlich werden Stadtplanung- und Bauamt sowie Wirtschaftsförderung eine Liste mit Flächenvorschlägen unterbreiten; für mehr als die errechneten 82 Hektar, um, wie es heißt, „einen Handlungsspielraum in den Gesprächen mit dem RVR zu haben.“
Davor aber sind die Grünen. Gemeinsam mit dem Koalitionspartner SPD bringen sie heute einen Änderungsantrag in den Rat ein mit einer korrigierten Richtungsvorgabe. „Wir geben der Verwaltung das klare Signal, dass es allererste Priorität haben muss, Brachen wieder nutzbar zu machen“, sagt Fraktionsvorsitzende Astrid Platzmann. Davon gibt es reichlich, nämlich 175,7 Hektar. Allerdings sind 120,8 Hektar davon mit Restriktionen versehen, die Verwaltung spricht von einem „exorbitant hohen Anteil“.
SPD-Fraktionschef: „Wir kommen an Realitäten nicht vorbei“
Bei allem Verständnis für die Sorge der Grünen, Freiraumpotenziale könnten die Anstrengungen mindern, zunächst gebrauchte Flächen für eine neue Verwendung ins Auge zu fassen, stellt Peter Reinirkens, Fraktionschef des Koalitionspartners SPD, klar: „Wir kommen an den Realitäten nicht vorbei“ – eben dem höhen Bedarf an Flächen. Klar geworden sei dies auch schon Ende 2015 bei einem Workshop.
Flächenreserven im Freiraum
Daher müssten Flächenreserven im Freiraum ausgemacht werden, über die erst in einigen Jahren tatsächlich entschieden würde, und es müssten unter Umständen auch Flächen umgewidmet werden, die unter wirtschaftlich vernünftigen Bedingungen nicht mehr zu vermarkten seien. Die aktuelle Arbeit am Regionalplan und regionalen Flächennutzungsplan biete dazu eine einmalige Chance. Der SPD-Fraktionschef erwartet, dass beides, Freiraum- und potenzielle Tauschflächen, von der Verwaltung vorgeschlagen werden.
Vereinbart hätten die beiden Koalitionspartner, sich über diesen im Koalitionsvertrag ausgesparten Aspekt der Wirtschaftspolitik, für den es bislang keine Notwendigkeit gegeben hatte, weiter auszutauschenen. Die Basis dafür liest sich im ersten Satz des Änderungsantrags zum Grundsatzbeschluss über die Gewerbeflächenentwicklung: „Der Rat der Stadt stellt fest, dass die Bochumer Wirtschaftspolitik sich an ökonomischen, ökologischen und sozialen Zielen ausrichtet . . .“