Bochum. . Stadt lässt sich seit Januar jedes nicht genutzte Jahr vor Ende der regulären Laufzeit bezahlen. Angehörige in Riemke wollen das nicht mitmachen.

„Wir schaffen das körperlich nicht mehr.“ Seit 19 Jahren pflegt ein WAZ-Leser mit seiner Frau (72) das Grab seines Schwiegervaters auf dem Friedhof Riemke. Vor dem Ende der Laufzeit von 25 Jahren wollen die Eheleute die Grabstättee zurückgeben. Dafür verlangt die Stadt neuerdings eine Gebühr: bei den Riemkern 13,50 Euro für jedes nicht genutzte Jahr. Macht 81 Euro. „Ein Unding!“, ärgert sich der 75-Jährige. Die Verwaltung verteidigt die Zahlung: „So werden unsere Mehrkosten gedeckt.“

Das Riemker Ehepaar ist kein Einzelfall. Immer mehr vor allem ältere Angehörige sind nicht mehr willens oder in der Lage, sich selbst um die Grabpflege zu kümmern. Auf den 25 stadteigenen Friedhöfen werden jährlich 1000 Grabstätten vor dem Ende der 25-jährigen Nutzungsdauer zurückgegeben.

Eine „immens hohe“ Zahl, konstatiert die Stadt. Bislang gab es lediglich Gebühren für die Entfernung eines Grabes: 55 Euro, mit Stein 110 Euro. Mit der neuen Friedhofssatzung zum 1. Januar wurde zusätzlich eine „Unterhaltungsgebühr“ eingeführt: 13,50 Euro pro „vollem Jahr der verbleibenden Ruhezeit“ für eine Einzel-, 34 Euro für ein Familiengruft.

Die Stadt begründet die Mehrbelastung für die Bürger mit Mehrkosten für die Friedhofsgärtner. „Die aufgegebenen Gräber müssen eingeebnet und jährlich zwölfmal gemäht werden. Die Gebühr dient dem Zwecke, diese Pflegekosten pro Stelle und Jahr verursachungsgerecht den Nutzern aufzuerlegen“, heißt es in einer Stellungnahme des Presseamtes.

Rückgaben sollen reduziert werden

Zudem gilt die Zahlung offenbar als Abschreckung. „Die Anzahl der jährlich eingehenden vorzeitigen Rückgaben“ solle damit „reduziert werden“: auch, um „auf den Friedhöfen unschöne und unwirtschaftliche Streulagen“ zu vermeiden.

Mehreinnahmen gebe es durch das vorzeitige Vertragsende nicht, betont das Rathaus: „Die Grabstätten dürfen erst nach Ablauf der Ruhezeit wieder belegt werden.“

Die neuen Unterhaltungsgebühren zeigen bislang noch keine Wirkung. Die Zahl der vorzeitigen Grabrückgaben bewege sich seit Jahresbeginn auf dem Stand der Vorjahre, teilt Stadtsprecherin Barbara Gottschlich auf Anfrage mit.

Das Riemker Ehepaar wird an dieser Bilanz voraussichtlich nichts ändern. Die WAZ-Leser erwägen, ihren Antrag zurückzuziehen. „Dabei geht es uns nicht um die Kosten von 55 Euro für die Einebnung des Grabmals. Die hatten wir von vornherein auf der Rechnung“, sagt der 75-Jährige. Er weigere sich vielmehr , die Zusatzgebühr zu berappen, „von der in Bochum bisher kaum jemand etwas mitbekommen hat“. Die Eheleute wollen ihre Entscheidung deshalb revidieren und sich die 81 Euro sparen. Ihre Lösung: „Wir lassen für die nächsten sechs Jahre Gras über Schwiegervaters Grab wachsen, so dass der Pflegeaufwand so gering wie möglich ist. Bis 2022 bleibt dann alles unverändert.“

Angehörige erhalten Antragsformular

Geändert hat sich das Verfahren der Stadt bei einer vorzeitigen Rückgabe eines Grabmals. Statt eines Bescheids erhalten die Angehörigen zunächst ein Antragsformular, aus dem die Gesamtkosten hervorgehen. Die neue Gebühr gilt auch für Angehörige, die ein Grab verkommen und verwildern lassen.