Bochum-Langendreer. Marianne Müller, Margret Pieper und rund 70 weitere Ehrenamtliche helfen mit in der Kleiderkammer Langendreer. Caritas-Projekt ist gut aufgestellt.

„Für mich ist es selbstverständlich, in der Kleiderkammer mit anzupacken“, sagt Marianne Müller. Die 78-Jährige kommt dreimal in der Woche in das alte Pfarrhaus von St. Marien in Langendreer, um die Bewohner der benachbarten Flüchtlingsunterkunft mit Kleidung, Schuhen und Wäsche zu versorgen.

Diesmal ist es vergleichsweise ruhig. Da können sich die Ehrenamtlichen sogar richtig Zeit für ihre „Kunden“ nehmen und diese persönlich betreuen. Zu ihnen gehört der 13-jährige Mohamed aus Syrien, der mit seinem Kumpel Hassan vorbei gekommen ist, um nach einer Winterjacke zu suchen. Das gelbe Sweatshirt, das er trägt, ist definitiv nicht das Richtige für die winterlichen Temperaturen.

Schnell hat Marianne Müller an einem der Ständer in der „Männerabteilung“ eine dick gefütterte Jeansjacke für ihn herausgesucht. Sie passt perfekt. Mohamed betrachtet sich zufrieden im Spiegel. Einen warmen Schal gibt’s auch noch dazu. Die beiden Jugendlichen fühlen sich wohl in der Kleiderkammer – das sieht man.

Verständigung mit Hand und Fuß

Obwohl sie kaum Deutsch oder Englisch sprechen, klappt die Verständigung. Es wird gestikuliert, Hände und Füße kommen zum Einsatz, deutsche, arabische und englische Wörter. Mohamed erzählt, dass er seit 60 Tagen mit seiner Familie im Lager lebt. Er habe noch drei Schwestern. Hinter ihnen liegt eine strapaziöse und langwierige Flucht über die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Kroatien und Österreich nach Deutschland. Er ist froh, es mit seiner Familie geschafft zu haben.

„Als Kind habe ich selbst erfahren, wie es ist, aus der Heimat vertrieben zu werden und sich in einer fremden Umgebung zurechtfinden zu müssen“, erinnert sich Marianne Müller. „Wir hatten nichts, als wir damals hier ankamen und waren ebenso auf andere Menschen angewiesen.“

Margret Pieper, die neben ihr einen Stapel Pullover zusammenlegt und ins Regal räumt, sieht das ähnlich: „Ich kann gut nachvollziehen, was diese Menschen mitgemacht haben. Ich werde das, was ich damals als kleines Mädchen auf der Flucht erlebt habe, nie vergessen. Noch heute kann ich mir im Fernsehen nichts ansehen, was mit dieser Zeit zu tun hat.“

"Die" Flüchtlinge gibt es eigentlich gar nicht

Neben den beiden Rentnerinnen engagieren sich rund 70 weitere Ehrenamtliche in der Kleiderkammer, die im vergangenen Spätsommer mit Mitteln aus dem Bischofsfonds für Flüchtlingsprojekte eingerichtet wurde. Viele sind mehrmals in der Woche im Einsatz. Auch einige Flüchtlinge helfen mit. „Wir sind ein eingespieltes Team“, berichtet Barbara Wiedemann, die zum Caritaskreis der Gemeinde gehört und zusammen mit ihrem Mann Martin die Organisation des Projekts übernommen hat. Die Regale in den drei Räumen der Kleiderkammer sind gut gefüllt, und auf dem Dachboden stapeln sich weitere Tüten und Kleidersäcke. Auch einige alteingesessene Bochumer Geschäfte haben das Projekt mit Lieferungen unterstützt, die Spendenbereitschaft ist groß.

Mehrere Unterkünfte im Stadtteil

Neben den derzeit etwa 300 Bewohnern des großen Flüchtlingsheims , in dem in letzter Zeit auch sogenannte „Zugewiesene“ der Stadt untergebracht sind, gibt es im Stadtteil mehrere Wohnungen und Häuser, in denen Asylsuchende leben.

Auch die kommen zur Kleiderkammer, wenn sie etwas benötigen.

Die Kleiderkammer will ein Stück dazu beitragen, dass die Flüchtlinge sich in der neuen Heimat auf- und angenommen fühlen. Wobei: „Die“ Flüchtlinge gibt es eigentlich gar nicht, findet Marianne Müller. „Ich höre immer ,Flüchtlinge’, ,Flüchtlinge’. Für mich sind das einfach Menschen, die unsere Hilfe brauchen.“