Bochum. . Die Wattenscheider Tafel wünscht sich vom Jobcenter mehr Ein-Euro-Jobber. Sie sollen bei der Tafel Sprachkurse bestreiten und körperlich arbeiten.
Mit einem neuen Projektentwurf will die „Wattenscheider Tafel e.V.“ mehr Flüchtlinge und andere Zuwanderer besser in die Gesellschaft und Arbeitswelt integrieren und ihnen damit auch mehr Eigenverantwortung auferlegen. Das Projekt heißt „Leben - Arbeiten - Lernen“.
Die Tafel versorgt pro Woche mehr als 10.000 bedürftige Menschen in Bochum mit Lebensmitteln, die die Supermärkte und Cateringfirmen abgeben. Die Tendenz, sagt der ehrenamtliche Tafel-Geschäftsführer Manfred Baasner, gehe auf 12.000 zu. Außerdem gibt es ein „soziales Warenhaus“ mit Alltagsgebrauchsgütern und eine Schneiderei.
Der Betrieb, der sich ausschließlich durch Spenden finanziert, wächst und wächst. 80 bis 85 Helfer arbeiten zurzeit dort, ehrenamtlich oder als Ein-Euro-Jobber. Mit dem neuen Projekt will die Tafel nun weitere Helfer an sich binden, ihnen aber auch gleichzeitig die deutsche Sprache beibringen und sie fit machen für eine spätere feste Arbeitsstelle in der freien Wirtschaft.
Konkret heißt dies: Das Jobcenter soll der Tafel weitere Ein-Euro-Jobber zuteilen. Diese gehen dort dann in die Sprachschule, die die Tafel ebenfalls betreibt, lernen das Lesen der Tageszeitung und damit auch das hiesige Leben mitsamt seinen Werten, Pflichten, Rechten und Eigenheiten. 13,5 Wochenstunden sind dafür vorgesehen, knapp ein Jahr lang. In weiteren 16,5 Wochenstunden sollen die Ein-Euro-Jobber auch körperlich bei der Tafel mit anpacken: beim Wareneingang, im Lager, im Warenhaus und in der Schneiderei.
Tafel vermittelt auch in Partnerbetriebe in der Wirtschaft
Dafür bekommen sie – zusätzlich zu ihren Sozialleistungen – knapp 200 Euro, denn gezahlt wird beim Ein-Euro-Job 1,50 Euro pro Stunde. Die Tafel glaubt, dass sich beides – Sprache und Arbeiten – hervorragend ergänzt. Wo miteinander gearbeitet wird, wird auch gesprochen. Zudem will die Tafel die Menschen zu Praktika in diverse Partnerbetriebe vermitteln, in denen sie sich empfehlen können, um später fest angestellt zu werden.
Karen Mittelstädt von der Tafel will mit dem Projekt für mehr Engagement sorgen: „Es wird meiner Meinung nach in Deutschland zu häufig die Eigenverantwortung für das eigene Leben abgenommen.“ Oft würden Sozialleistungen entgegengenommen, ohne dass eine Gegenleistung erbracht werden müsse wie Bewerbungen und aktive Jobsuche. „Das Sozialnetz fängt jeden auf, ohne zu fragen, ob er aus einem bestimmten Grund bedürftig ist. Es wird jedem alles hinterhergetragen.“ Das neue Projekt wolle diejenigen fördern, die „den Willen haben, etwas zu erreichen“.
Letztlich entscheidet aber das Jobcenter. Denn dieses verteilt die Ein-Euro-Jobs.
Sprachschule
Das neue Projekt soll den Zuwanderern und Flüchtlingen helfen, „sich in Bochum zurechtzufinden“, wie die Tafel sagt. Dazu sucht der gemeinnützige Vereine auch noch ehrenamtliche Helfer, die die Projektteilnehmer sozial betreuen, bei der Tafel und darüber hinaus.
Der Unterricht in der Sprachschule, den die Wattenscheider Tafel bereits jetzt für Migranten anbietet, wird von drei Festangestellten und einigen Honorarkräften gestaltet. Finanziert wird er – anders als die anderen Tafel-Bereiche – vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf).