Bochum. . Profifußball und Top-Leichtathletik sind schwer zu vermarkten. Wieder einmal springen die Stadtwerke dem VfL Bochum und dem TV Wattenscheid 01 bei.

Knapp drei Jahre nach der Atriumtalk-Affäre haben die Stadtwerke Bochum Ende des vergangenen Jahres ihr Sponsoring für den Spitzensport klammheimlich wieder ausgebaut. Bis 2020 fließen demnach 1,7 Millionen Euro mehr an den VfL Bochum und den TV Wattenscheid 01 als ursprünglich beschlossen – insgesamt 6,5 Millionen Euro. Den größten Batzen erhält nach WAZ-Informationen nach wie vor der VfL mit etwas mehr als 4,5 Millionen Euro.

Mit großer Mehrheit, aber nicht einstimmig kassierte der Aufsichtsrat im Dezember 2015 den alten Beschluss von 2012 und fasste einen neuen für vier Saisons ab 2016/17. Es war die zweite Sitzung unter dem neuen Vorsitzenden, Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD), der großer VfL-Fan ist.

Millionenspritze für Profifußball und Leichtathleten

Die zusätzliche Millionenspritze für den Profifußball und die Leichtathleten ist ganz offensichtlich Ergebnis zahlreicher Gespräche, die die Vorstände der Sportvereine in den Monaten zuvor mit der Stadtwerke-Geschäftsführung und mit den politisch Verantwortlichen in Bochum geführt hatten.

„Die Vereine sollen ausreichend Zeit haben, sich auf die Reduzierung einzustellen. Und zwar so, dass sie nicht in wirtschaftliche Not geraten“, erläutert Christian Haardt (CDU) den Sinneswandel in der Politik. Nach dem Beschluss von vor drei Jahren sollte das Spitzensport-Sponsoring ab der Saison 2016/17 auf jährlich 1,2 Millionen Euro für beide Vereine sinken.

Drei Jahre reichten den Vereinen aber nicht. Wie schwierig die Suche nach finanzstarken Sponsoren ist, zeigt sich soeben beim VfL, der immer noch keinen Namensgeber für das Stadion gefunden hat. Bislang zahlten die Stadtwerke pro Saison 900.000 Euro, am 30. Juni ist damit Schluss.

„Wir wollen bis Ende der Saison eine Lösung haben“, sagt Finanzvorstand Wilken Engelbracht. Er bestätigt Gespräche mit den Stadtwerke-Chefs und den Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und Linken im Herbst 2015. „Wir sind hier angetreten, den VfL solide und schuldenfrei aufzustellen. Dafür aber benötigen wir mehr Zeit – und dafür haben wir geworben.“

„Auch der TV Wattenscheid tut sich bei der Suche nach Sponsoren sehr, sehr schwer“, sagt Stadtwerke-Chef Dietmar Spohn. „Wir haben dem Aufsichtsrat daher ein Abschmelzen der Sponsoringbeiträge auf 1,4 Millionen Euro bis 2019 vorgeschlagen.“ Auswirkungen auf andere Sponsoring-Budgets habe das Engagement für den Profisport nicht. Spohn: „Es bleibt dabei, dass wir pro Jahr insgesamt 1,43 Millionen Euro für Basissponsoring, Bürger- und Zukunftsprojekte sowie Veranstaltungen ausgeben.“

Stadt verfügt über 50 Karten für Ehrentribüne im Stadion 

Das Engagement der politisch Verantwortlichen für den VfL Bochum hat in unserer Stadt Tradition. In den vergangenen zehn Jahren pumpten allein die Stadtwerke mit dem Segen nahezu aller großen Fraktionen mehr als 20 Millionen Euro in den Profifußball. Das meiste Geld kassierte der VfL für die Namensrechte am Stadion – rund 13 Millionen Euro. Hinzu kommen weitere Sponsorengelder, die einen politischen Segen benötigen (z.B.: Sparkasse und Gelsenwasser).

Aber auch die Politik profitiert. 50 Karten auf der Haupttribüne sind für Repräsentanten der Stadt im Ehrengastbereich reserviert. Genutzt werden diese vom Verwaltungsvorstand, den Mitgliedern des Sportausschusses, Vertretern der Ratsfraktionen und von den Abgeordneten in Bund und Land. Der VfL gestattet allen kostenfrei den Zugang zum VIP-Treff Morrizz. An der Tageskasse kosten vergleichbare Tickets 115 Euro plus Mehrwertsteuer.

Großer Gewinner ist der VfL - Ein Kommentar von Thomas Schmitt 

Es bleibt dabei: Die Stadtwerke Bochum sind eine gute Adresse für Vereine mit klammer Kasse. Drei Jahre hatten der VfL Bochum und der TV Wattenscheid 01 Zeit, um sich neue Geldgeber zu suchen. Am Ende sind sie beim alten gelandet. Eine Wiederholung im Jahre 2019 scheint nicht ausgeschlossen.

Großer Gewinner ist der VfL Bochum, der für die kommende Saison ohne die Namensrechte am Stadion fast das gleiche Geld erhalten dürfte wie zuletzt. Die Lobbyarbeit in den Fraktionen und im Stadion hat sich gelohnt.

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, wenn städtische Beteiligungen mit der Finanzierung von Spitzensport dazu beitragen, dass ein attraktives Freizeitangebot erhalten bleibt und Kinder Vorbilder und Anlaufstellen in der eigenen Stadt finden. Denn auch die Nachwuchsabteilungen beider Vereine leisten Erstaunliches.

Stutzig macht indes das Procedere. Hinter verschlossenen Türen werden still und leise Millionen vergeben, die Öffentlichkeit aber erfährt davon nur auf Nachfrage etwas. Das erinnert ein wenig an vergangen geglaubte Zeiten.