Bochum. Es hat mächtig gemüffelt. Aber spannend war’s gleichwohl: 20 Leser stiegen bei der WAZ-Ferienaktion am Bergbaumuseum in einen Kanalschacht hinab.

30 Stufen. Dann sind wir unten. Ganz unten. Dort, wo Bochum nicht nur müffelt, sondern mitunter erbärmlich stinkt. 20 WAZ-Leser hatten am Mittwoch gleichwohl nicht’s zu stänkern. Das Tiefbauamt öffnete die Pforten des Kanalschachts am Bergbaumuseum. Der Abstieg in die Unterwelt bescherte ein Erlebnis für alle Sinne.

„Das ist ja von hier bis nach Italien!“ Die WAZ-Gruppe staunt. 1200 Kilometer umfasst das Bochumer Kanalnetz, berichtet Sachgebietsleiter Frank Großklags. Einen kleinen Abschnitt besichtigen die Leser unweit der Herner Straße. Über 100 Jahre alt ist der von Hand gemauerte Schacht, durch den das komplette Abwasser der Innenstadt gen Westen in die Bottroper Kläranlage der Emschergenossenschaft mäandert.

17.000 Liter in einer Sekunde

Im trüben Schein einer Neonlampe sind die Fäkalien und sonstigen WC-Hinterlassenschaften nur schemenhaft zu erkennen. Umso penetranter ist der Geruch, der den WAZ-Lesern entgegenschlägt. Nase zu und durch! Immerhin wartet Franz Großklags mit spannenden Infos auf. Jetzt, bei trockenem Wetter, misst der Pegel der Köttelbecke gerade mal 15 Zentimeter. Bei unwetterartigem Starkregen hingegen dringen 17.000 Liter Wasser pro Sekunde in den Kanal. Das Rinnsal verwandelt sich binnen Minuten zum reißenden Strom, über vier Meter hoch. Zu hoch für das Kanalnetz, das derartige Mengen nicht schlucken kann. Stauraumkanäle und Regenrückhaltebecken werden immer wichtiger. Denn: „So genannte Jahrhundertunwetter passieren inzwischen jährlich“, weiß Frank Großklags.

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Einen Vorteil habe das Hochwasser: Die Rattenplage erledigt sich ganz von allein. Ansonsten hausen Unmengen der Nager in den Kanälen und gehen – gerne nachts – auf Nahrungssuche. Gerade in diesen Wochen erreichen die Stadt wieder etliche Beschwerden. Dabei locken nicht wenige Anwohner die Tiere selbst an: „Wer einen halben Topf Linsensuppe ins Klo kippt, darf sich nicht wundern, wenn er Ratten im Haus hat.“

Kanal-Arbeiten sind aufwändig

Im WC nichts verloren haben auch Damenbinden oder Tampons. „Verstopfungsgefahr“, warnen die Mitarbeiter des Tiefbauamtes, die draußen ihre Fahrzeuge präsentieren. Während eine WAZ-Gruppe in die Tiefe steigt, lassen sich die anderen drei Gruppen über die Tätigkeiten und Aufgaben der Kanal-Arbeiter informieren.

Die sind aufwendiger, als viele Bürger denken. Die Kanäle müssen nicht nur regelmäßig gesäubert, durchgespült und auf Dichtigkeit geprüft, sondern auch begangen werden. Eine nicht ungefährlich Expedition, die im Sechser-Team bewältigt wird. Eine ferngesteuerte Kamera spürt die Ursachen für Verstopfungen an Hausanschlüssen auf: meist Wurzelwerk, das mit einer automatischen Fräse beseitigt wird. Ebenso täglich unterwegs ist der Einsatzwagen der Technischen Betriebe mit einer Schachtinspektionskamera. Den filmenden Kollegen geht die Arbeit nicht aus: 36.000 Gullyschächte gibt es stadtweit.

In der Kanalisation

Am Mittwoch, 22. Juli 2015, besichtigen 20 Leserinnen und Leser der WAZ die Kanalisation in der Nähe des Bergbaumuseum Bochum. Die Besichtigung findet im Rahmen der Aktion
Am Mittwoch, 22. Juli 2015, besichtigen 20 Leserinnen und Leser der WAZ die Kanalisation in der Nähe des Bergbaumuseum Bochum. Die Besichtigung findet im Rahmen der Aktion "WAZ öffnet Pforten" statt. © Dietmar Wäsche / FUNKE Foto Serv
So sieht es unter dem Bergbaumuseum aus.
So sieht es unter dem Bergbaumuseum aus. © Dietmar Wäsche / FUNKE Foto Serv
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Danach ging es wieder an die frische Luft.
Danach ging es wieder an die frische Luft. © Dietmar Wäsche / FUNKE Foto Serv
Danach ging es wieder an die frische Luft.
Danach ging es wieder an die frische Luft. © Dietmar Wäsche / FUNKE Foto Serv
Die Leser teilten sich in vier Kleingruppen auf.
Die Leser teilten sich in vier Kleingruppen auf. © Dietmar Wäsche / FUNKE Foto Serv
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„Jetzt wissen wir, wo unsere Entwässerungsgebühren bleiben“, sind die Leser beeindruckt von der Leistung und den Leistungen, die die tüchtige Truppe des Tiefbauamtes erbringt. Die verbindet die Pforten-Aktion mit einem Dank der besonderen Art. Abteilungsleiter Karl-Heinz Ahlbach, als „Herr der Kanäle“ seit 36 Jahren in Diensten der Stadt, geht in Kürze in den Ruhestand. Die WAZ-Führung haben die Kollegen bewusst auf diesen Termin gelegt. Eine seiner letzten Amtshandlungen. Ein würdiger Abschied. Auch wenn’s müffelt.