Bochum. . Breites Sortiment bietet nicht nur „Notnägel“, wenn Geschäfte geschlossen haben. Gebürtiger Iraker versorgt seit sieben Jahren Linden.

Sonntag: Küchenschrank leer. Toilettenpapier im Laden vergessen. Duschgel auch alle. Mach’se nix? Macht nix! Assad Biros Bude hat all das im Regal, woran man beim Einkaufen viel zu oft nicht denkt.

„Hier ist zwar nicht viel Platz, aber wir versuchen so viel zu bieten, wie es geht“, kommentiert der 45-jährige Inhaber beim einminütigen „Rundgang“ durch seine Trinkhalle an der Hattinger Straße 862. Direkt an der Haltestelle „Kesterkamp“ und in unmittelbarer Nähe der Sportanlage „Am Lewacker“ gelegen, hat der gebürtige Iraker sein persönliches Kiosk-Kleinod gefunden. 1997 flüchtete er vor Saddam Husseins Terror-Regime aus Vorderasien, begann ein neues Leben in Bochum, traf hier seine Ehefrau und übernahm schließlich vor sieben Jahren die Bude in Linden: „Vorher war ich bei einem Abbruchunternehmen angestellt, habe dann in der Zeitung gelesen, dass der Kiosk angeboten wird.“ Biro schlug zu und bei den Bürgern sofort ein.

Parkplatz vor der Tür

„Wenn man Not hat, ist immer alles da“, lobt Heike Müller (60). „Obwohl ich mein Geld vergessen hatte, gab er mir direkt zu Anfang aus Vertrauen Eier mit, die ich dringend brauchte.“ Keineswegs selbstverständlich, findet die Lindenerin, die zusammen mit ihrem Ehemann Peter (61) zur treuen Stammkundschaft zählt. Für Biro gehört es dazu: „Man vergisst doch schon mal sein Portemonnaie, kein Problem. Bisher kamen auch alle wie Frau Müller direkt zurück und haben gezahlt“, erzählt er schmunzelnd. Wie gut er seine Kunden mittlerweile kennt, beweist er, als ein silbernes Auto direkt vor der Trinkhalle hält: „Da kann ich die West Light rauslegen.“ Treffer. Der Parkplatz sei eh ein riesiger Vorteil, findet Biro: „Die Leute halten kurz, springen aus dem Auto und fahren sofort wieder los.“ Das kleine Verkaufsfenster verschafft ihm wiederum den Vorsprung, die richtige Ware direkt im Anschlag zu haben. Win-Win.

Und wenn es mal Extrawünsche gibt? „Dann besorg ich die natürlich.“ So findet sich seit einem Monat auch eine polnische Biermarke im breiten Sortiment: „Ein Kunde fragte danach. Die erste Kiste ist schon weg, und ich habe nachgeholt.“ Generell laufe es ganz gut, auch wenn er – wie viele Budenbesitzer – eingrenzt: „Reich werde ich hier nicht, aber es macht Spaß durch den Kontakt zu den Leuten. Ich hoffe, ich kann hier noch lange bleiben, toi, toi, toi“, schließt er mit charmantem Akzent.

Eine Angestellte hilft

Dass so ein Kiosk kein Ponyhof ist – wer hätte das gedacht – zeigen seine Arbeitszeiten: Geöffnet ist von 6, sonn- und feiertags ab 7 Uhr morgens bis 22 Uhr abends. Zweimal pro Woche ist eine Angestellte vor Ort, damit der 45-Jährige einkaufen kann. Sonst steht er unbeirrt auf seinem Posten: „Klar ist das manchmal anstrengend. Aber meine Frau kommt ab und zu mit den Kindern vorbei und wir essen ein Eis.“ Aushelfen kann der Nachwuchs noch nicht, wiegelt er lachend ab: „Bisschen früh, sie sind ein und drei Jahre.“

Also wärmt sich der stolze Vater wohl auch in den nächsten Jahren in einer kleinen Kammer im hinteren Bereich die Hausmannskost von daheim auf einer einzelnen Kochplatte abends alleine auf. Umringt von Nudelpaketen, Soßen, Ketchup, Öl, Wein (rot/weiß), Milch, Öl, Fischkonserven, Zucker, Seife, Küchenrolle und was es sonst noch so alles gibt. Und Kiosk-Klassiker? Frei nach Hans Werner Olm: „Hatta..!“ Und zwar alle.